Nachhaltigkeitsstrategie setzt Glaubwürdigkeit aufs Spiel
Nachhaltigkeitsstrategie setzt Glaubwürdigkeit aufs Spiel
Sechs Organisationen der Zivilgesellschaft – Etika, Greenpeace Luxembourg, ASTM, Commission Justice & Paix, SOS Faim und Cercle de Coopération des ONGD – haben am Montag ihre Analyse der Luxembourg Sustainable Finance Strategy vorgestellt. Sie fällt vernichtend aus – zeigt aber auch, welche Chance Luxemburg bei Green Finance hat, wenn es seine Rolle als Vorreiter wirklich ernst nimmt.
Watchdog sucht sein Herrchen
Letztes Jahr wurde die Luxembourg Sustainable Finance Initiative (LSFI) gegründet. Diese hat eine Strategie vorgestellt: die Luxembourg Sustainable Finance Strategy (LSFS).
Weil die LSFI sich als Plattform zum Wissensaustausch versteht und die Entwicklung des Finanzplatzes in Sachen Green Finance vorantreiben will, wurden im Rahmen einer öffentlichen Konsultation mehr als 30 Institutionen – von Verbänden des Finanzsektors bis hin zu Regulierungsbehörden und der Zivilgesellschaft – um Feedback zum ersten Entwurf der Strategie gebeten.
Diese kamen der Aufforderung nach. Sie prüften den Finanzsektor mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie auf Herz und Nieren, brachten konkrete Verbesserungsvorschläge ein. Ein Jahr ist das nun her und passiert ist daraufhin: nichts. Deswegen melden sich die sechs Organisationen der Zivilgesellschaft nun öffentlich zu Wort und drängen darauf, dass ihre Rolle als Watchdog im Prozess Konsequenzen haben muss.
Denn das Ergebnis ihrer Analyse zeigt schwere Mängel auf. Die NGOs haben diese in einem Paper mit dem vielsagenden Titel „Warum Luxemburgs Sustainable Finance Strategie nicht greifen wird“ veröffentlicht. Die Quintessenz lässt sich so zusammenfassen: Die LSFI sei vor allem darum bemüht, Green Finance zu promoten. Sie definiere dagegen keine Kriterien, die grüne Finanzprodukte einhalten müssen. So entspreche Luxemburgs Finanzsektor nicht einmal den Zielen des Pariser Klimaabkommens.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Greenpeace Luxemburg und Greenpeace Schweiz hatte das im Detail aufgezeigt. 51 Nachhaltigkeitsfonds wurden dafür untersucht. Doch diese lösten ihr grünes Versprechen nicht ein. Sie zeigten etwa keine signifikant geringere Kohlenstoffintensität als reguläre Fonds.
Hoffnungen in EU-Taxonomie enttäuscht
Eine verbindliche oder wenigstens einheitliche Definition dessen, was in der Wirtschaft als nachhaltig gelten darf, gab es bisher nicht. Das ändert sich nun mit der EU-Taxonomie. Die Kommission hat im April ihr neues Regelwerk vorgestellt, in dem Kriterien festgelegt sind, die Unternehmen erfüllen müssen, um ein Label für „grüne Investitionen“ in der EU zu erhalten. Aber viele NGOs haben die Taxonomie wegen ihrer schwachen und zum Teil „unwissenschaftlichen“ Kriterien als unzureichend kritisiert.
Natürlich, könnte man sagen, NGOs haben eben immer etwas zu meckern. Aber indem sie das tun, zeigen sie auf, welche Leerstelle Luxemburg besetzen könnte, wenn die Regierung es ernst meint mit ihrem Vorsatz, sich einen Namen als grünes Zentrum zu machen.
Will Luxemburg Vorreiter werden, muss Luxemburg liefern
So soll Luxemburgs Finanzplatz bis 2025 rund 20 Prozent aller Geldflüsse auf „Green Finance“ umstellen und ein weltweit anerkanntes Zentrum für Investitionen in Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Elektro- und Wasserstoffmobilität werden, heißt es im nationalen Energie- und Klimaplan.
Die Strategie klingt gut, denn der ESG-Markt wächst. Schon heute findet fast ein Fünftel aller ESG-Investitionen, die es weltweit gibt, am Luxemburger Finanzplatz statt. Finanzminister Pierre Gramegna wünscht sich, dass Luxemburger Investmentfonds überall auf der Welt genutzt werden. Im Haushaltsgesetz für das Jahr 2021 wurde darum ein niedrigerer Steuersatz von 0,05 Prozent eingeführt für Investitionen in Assets, die der EU-Taxonomie entsprechen. Damit sollen Fonds „ermutigt werden, einen zunehmenden Anteil ihres Vermögens in grüne und nachhaltige Aktivitäten zu investieren“, so das Finanzministerium.
Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut
Martina Holbach von Greenpeace Luxembourg betont, welche Gefahr droht, wenn man seine Glaubwürdigkeit in diesem Feld verspielt. Viele Investoren seien an Nachhaltigkeit interessiert. „Wenn sie aber merken, dass es nur um Greenwashing geht, ziehen sie sich zurück und der Standort verliert für Green Finance an Glaubwürdigkeit.“
Das sieht man aktuell am Fall DWS. Die deutsche Fondsgesellschaft, eine Tochter der Deutschen Bank, sieht sich dem Vorwurf gegenüber, ihr Nachhaltigkeitsengagement systematisch geschönt zu haben. Die US-Börsenaufsicht SEC und die Bankenaufsicht Bafin ermitteln.
Das zeigt: Nachhaltigkeit liegt im Trend. Aber mit dem Spotlight wird auch genauer hingeschaut. Greenwashing fällt auf und Investoren suchen verlässliche Partner. Luxemburg könnte sich in der ganzen Welt einen Namen als ein solcher Partner machen. Aber dann reicht Nation Branding nicht mehr aus, sondern es braucht verlässliche Regeln.
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