Luxemburg baut eine Insel
Luxemburg baut eine Insel
Dänemark setzt auf den Ausbau von Offshore-Windparks. Dazu will das Land eine Energie-Insel für rund 28 Milliarden Euro bauen – und wie Luxemburgs Energieminister Claude Turmes erklärt, wird sich das Großherzogtum daran beteiligen.
Der Grund liegt auf der Hand: Luxemburg hat sich verpflichtet, seine Klimabilanz zu verbessern. Selbst wird das Land aber nie imstande sein, seinen Strombedarf durch eigene grüne Produktion zu decken: 85 Prozent des Stroms in Luxemburg ist importiert, darunter ist auch Atomstrom und solcher, der durch Kohleverbrennung erzeugt wird.
Eine Energieinsel mit riesigen Windparks vor der dänischen Küste ist da eine willkommene Gelegenheit, die grüne Energieproduktion anzukurbeln. Die ersten Schiffe sind bereits im Auftrag der dänischen Regierung im Einsatz und führen Untersuchungen durch. „Jetzt suchen wir nach Partnern“, so der dänische Energieminister Dan Jörgensen. „Die Insel in der Größe von bis zu 60 Fußballfeldern wird so viel Strom produzieren, dass damit in Europa zehn Millionen Haushalte versorgt werden können“, erklärt der dänische Energieminister, dessen Land selbst knapp 5,8 Millionen Einwohner hat.
„Das heißt, sie liefert so viel Strom wie ein bis eineinhalb Cattenoms“, fügt Claude Turmes hinzu. Beide Minister kennen sich von ihrer Zeit im Europaparlament. Schon damals hatten sie über die Vision von „Energieinseln“ gesprochen. Jetzt wird sie umgesetzt.
„Das ist ein wesentlicher Schritt für das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050, da die Energieinseln es ermöglichen, erneuerbare Energie in einem bisher nicht gekannten Ausmaß zu produzieren und den europäischen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zu beschleunigen“, erklärt Turmes.
Das dänische „Apollo-Projekt“
Um zu unterstreichen, dass es kein utopisches Projekt ist, weist Jörgensen darauf hin, dass Dänemark das erste Land war, das in den 1970er-Jahren Windparks baute – und damals dafür belächelt wurde. „Dann haben wir 1991 den ersten Offshore-Windpark der Welt gebaut. Damals eine sehr teure Art, Energie zu erzeugen. Aber weil wir es getan haben und wir es subventioniert haben und wir die Technologie und die enge Zusammenarbeit zwischen Behörden, Universitäten und der Wirtschaft entwickelten, haben wir die Offshore-Windenergie vorangetrieben und mitgestaltet“, so Jörgensen.
Heute sind Dänemark und Portugal Spitzenreiter in Europa in Sachen erneuerbare Energien. Der dänische Energieminister sieht die Errichtung der Energieinsel als „Apollo“-Projekt Dänemarks an, in Anlehnung an das Mondlandeprojekt der USA in den 1960er-Jahre.
Der Plan für eine Energie-Insel auf dem Meer, um zehn Gigawatt Strom zu verteilen, sei nicht nur für die Stromversorgung in Luxemburg interessant, so Turmes, sondern auch für die Wirtschaftsakteure in Luxemburg. „Wir haben hier im Land eine Reihe von Unternehmen, die daran interessiert sein könnten, Partner in diesem Projekt zu sein. Ich denke da an Spundwände von ArcelorMittal oder das Schiffsbaggerunternehmen Jan De Nul, das Inseln aufschüttet und die Windräder aufstellt.“
Als mögliche Investoren sieht er Investmentfonds in Luxemburg, die auf grüne Energieproduktion spezialisiert sind, oder Versicherungs- und Pensionsfonds, die in Luxemburg und in Dänemark ansässig sind. Es wäre ein Investment, das 50 oder 80 Jahre lang eine Rendite von vielleicht fünf bis acht Prozent pro Jahr abwirft.
Konkret soll die Insel als „Schaltzentrale“ für mehr als 200 Windräder dienen, die im Meeresboden verankert werden. Die Insel selbst soll dabei zu 51 Prozent Dänemark gehören, die Windkraftanlagen von privaten Investoren errichtet werden. Luxemburg, so Turmes, könnte dann vielleicht zehn Prozent Anteile der Insel erwerben. Konkrete Zahlen dazu stehen aber noch nicht fest. Die geschlossene Vereinbarung ist unverbindlich.
Strom für mehrere Länder
Es ist geplant, dass von der Insel als Energie-Knotenpunkt 80 Kilometer draußen in der Nordsee Stromkabel dann nach Dänemark und in andere Länder führen. Bislang wurden Offshore-Windparks als einzelne Einheiten errichtet. Durch den Einsatz mehrerer kontinuierlich verbundener Offshore-Windparks in einem Hub wird ein grünes Offshore-Kraftwerk geschaffen, das Strom in die umliegenden Länder verteilen kann.
Kooperationsverträge mit Belgien und den Niederlanden bestehen bereits, Deutschland soll folgen. Die Kosten für das ganze Projekt einschließlich der Windturbinen beziffert Jörgensen auf rund 28 Milliarden Euro. „Aufgrund der Größe dieses Projekts werden wir auch in der Lage sein, diese Energie zum Beispiel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff zu verwenden und dann vielleicht sogar die Umwandlung dieses Wasserstoffs in flüssige Kraftstoffe für den Seeverkehr oder die Luftfahrt.“
„Wir können nicht nur Kohle, sondern auch Atomkraftwerke durch Wind- und Solarenergie ersetzen“, ist Turmes überzeugt. Tatsächlich hoffen er und Jörgensen auf Partner für das Inselprojekt, und auf kommende Projekte. „Wir wollen es auch als ein Modell machen, das in anderen Teilen der Welt repliziert werden kann“, so Jörgensen. Während lange nur von einem „europäischen Strommarkt“ gesprochen wurde, scheint sich länderübergreifende Kooperation inzwischen durchzusetzen. So laufen derzeit auch Gespräche zwischen den drei baltischen Ländern und Schweden, um gemeinsam Energieprojekte in der Ostsee umzusetzen. Ziel ist, das Vorhaben der Energieinsel vor der dänischen Küste schnell umzusetzen. Schon im Jahr 2030 soll sie in Betrieb gehen.
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