"Katastrophale Situation" für die Luxemburger Taxi-Branche
"Katastrophale Situation" für die Luxemburger Taxi-Branche
Die Straßen sind wie leer gefegt, die Geschäfte haben geschlossen und die Menschen bleiben vernünftigerweise zu Hause – viele Fahrgäste bleiben den Taxichauffeuren hierzulande damit nicht mehr. „Einige Unternehmen lassen ihre Autos noch fahren, andere nicht“, beschreibt Paulo José Leitão die Situation. Leitão betreibt selbst einen Fuhrpark und ist Präsident der „Fédération des Taxis, Voitures de Location et Ambulances“.
Die aktuelle Situation für seine Branche beschreibt er als katastrophal: Die Unternehmen rechnen mit einem Umsatzminus von mehr als 95 Prozent: „Einige Kollegen haben ihre Geschäftszeiten reduziert oder gar die Preise gesenkt.“
Das existenzielle Problem für die Kutscher: Die meisten der Unternehmer können die Hilfsmaßnahmen der Regierung nicht in Anspruch nehmen. Das zeigt sich beispielhaft an der rückzahlungsfreien Soforthilfe in Höhe von 5.000 Euro, die sich an Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern richtet; zudem muss eine gültige Gewerbeberechtigung vorliegen und der Jahresumsatz mindestens 15.000 Euro betragen.
Diese finanzielle Unterstützung kann allerdings nur von jenen Firmen in Anspruch genommen werden, die nach dem Inkrafttreten der großherzoglichen Verordnung vom 18. März 2020 zur Einführung einer Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 ihre Tätigkeiten unterbrechen mussten. Und eben dazu zählen Taxiunternehmen nicht: Sie gehören neben Supermärkten, Apotheken und Optikern zu den Betrieben, die weitermachen dürfen – auch wenn es keine Kundschaft mehr gibt.
Die Kundschaft bleibt aus
„Die Auswirkungen des Corona-Virus auf unsere Branche haben wir schon im Februar gespürt“, erklärt Leitão, „Januar und Februar sind normalerweise ruhige Monate, Mitte Februar fängt das Geschäft wieder richtig an.“ Doch in diesem Jahr fiel der übliche Ansturm aus; die internationale Kundschaft, auf die sich Taxifahrer bislang immer verlassen konnte, kam nicht.
Damit sind auch viele Fahrer zu Hause. Bei einer der größten Firmen hierzulande, Taxis Colux, sind von den normalerweise 90 Chauffeuren derzeit mehr als 80 nicht auf der Straße. „Einige sind krankgeschrieben, anderen nehmen den Sonderurlaub wegen ihrer Kinder in Anspruch. Mancher ist aber auch zu Hause, weil es einfach nicht genug Arbeit gibt“, erklärt Firmenchef Olivier Gallé, ebenfalls Präsident der „Alliance Luxembourgeoise des Taxis, Voitures de Location et Ambulances“.
Für viele Firmen in der Taxibranche sind Soforthilfen unerlässlich.
Olivier Gallé
Für die Letztgenannten hat Gallé bei der Regierung Kurzarbeit beantragt, eine Antwort steht noch aus. „Entscheidend wird sein, ob dieser Anfrage überhaupt stattgegeben wird“, formuliert der Firmenchef seine Sorge.
Kleine Firmen besonders gefährdet
Nach Angaben des Transportministeriums gibt es in Luxemburg 138 Taxiunternehmen, etwa 100 von ihnen haben nur drei oder weniger Lizenzen. In der aktuellen Situation sind diese kleinen Betriebe besonders gefährdet, so Verbandschef Leitão – und damit die Mehrheit der Branche. „Einige Kleinfirmen überlegen bereits zuzumachen. Für sie geht es nicht nur um genügend Liquidität, um das Geschäft über Wasser zu halten, sondern auch darum, dass sie genug Geld haben, um die Familien zu ernähren.“
Den Taxifahrern bleiben derzeit nur noch die Stammkunden, die sich beim Einkaufen im Supermarkt oder in der Apotheke auf den Fahrservice verlassen. „Es ist gut, dass Taxis trotz Corona-Krise weiter zur Verfügung stehen“, sagt Leitão, denn: „Zu unseren Stammkunden gehören auch kranke Menschen, die beispielsweise regelmäßig ihre Termine bei der Dialyse oder für eine Chemotherapie wahrnehmen müssen.“
Neue Hygienemaßnahmen
Um das Risiko der Ansteckung im Auto zu minimieren, setzen die Fahrer auf Hygienemaßnahmen. Dazu gehören das Tragen von Handschuhen, die regelmäßige Desinfektion der Wagen und regelmäßiges Lüften; auch das Kreditkartenterminal wird nach jedem Bezahlen gereinigt. „Einige Fahrer haben bereits eine provisorische Trennwand aus Plastik zwischen Vorder- und Rücksitzen installiert“, berichtet Paulo José Leitão.
Vom Staat kam keine Hilfe zur Anschaffung des schützenden Materials, so Olivier Gallé. „Wir haben die zuständigen Ministerien darum gebeten, die Antwort war negativ. Das ist absolut nicht zu verstehen.“
Wie ernst die Situation ist, zeigt auch ein weiteres Beispiel der beiden Branchen-Vertreter. „Wir haben unseren Mitgliedern geraten, die Versicherungsgesellschaften zu bitten, die Vollkasko-Prämien für die Autos, die jetzt nicht im Einsatz sein können, vorübergehend zu stoppen“, sagt Leitão. Aber selbst wenn die Kosten für die Versicherungen wegfallen sollten: „Das wird nicht reichen.“ Bei seiner Firma World Taxi decken die gegenwärtigen Einnahmen bei Weitem nicht die laufenden Kosten.
„Für viele Firmen in der Taxibranche sind Soforthilfen unerlässlich“, betont Gallé. Wie es in seinen Augen auch gehen kann, beschreibt Olivier Gallé anhand der Unterstützungen, die im Nachbarland Deutschland in Anspruch genommen werden können: Dort gibt es für Kleinunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigen 9.000 Euro Soforthilfe, 15.000 Euro bei bis zu zehn Angestellten. Der Zuschuss gilt für alle Firmen, die wirtschaftliche Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie nachweisen können.
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