Intelligenter Stahl
Intelligenter Stahl
Das Gebäude passt zur Gelegenheit: ArcelorMittal hat für die Vorstellung seines neuen Industriekonzeptes das Leadenhall Building mitten im Finanzplatz Londons gewählt. 225 Meter hoch, 48 Etagen, ein Meer aus Glas und Stahl – der riesige Baukasten mit sichtbarer Stahlstruktur bietet einen atemberaubenden Ausblick auf London. Der Luxemburger Stahlhersteller ist dort fast wie zu Hause, denn: Ein Teil des Stahles, der für den Bau dieses Gebäudes nötig war, kommt aus Luxemburg.
Dort also stellte ArcelorMittal jetzt das Konzept Steligence – ein Wortspiel aus „Steel“ (Stahl) und „Intelligence“ (Intelligenz) – vor. Die Botschaft ist klar: ArcelorMittal will die Führungsrolle des Stahlmarktes nicht aufgeben. Und setzt dabei auf einen „ganzheitlichen Ansatz“, wie Olivier Vassart, der bei ArcelorMittal in der Forschungsabteilung arbeitet, erklärt. Oft ist es so, dass bei Planung und Bau eines Gebäudes verschiedene Aspekte separat betrachtet werden, darauf weist Gregory Ludkovsky, Vizepräsident des Stahlkonzerns, hin. „Die Idee ist aber, alle Dimensionen als Einheit zu sehen.“
ArcelorMittal will durch die neue Arbeitsweise Steligence die Kreativität und Bedürfnisse der Architekten besser unterstützen.
„Wir wollen eine neue Beratungsrolle bei Bauprojekten übernehmen“, stellt Vassart klar. „Wir möchten uns von Anfang an beim Entwurf eines Bauprojektes beteiligen. Alle möglichen Lösungen, die auf dem Markt verfügbar und im ArcelorMittal-Portfolio sind, sollen für ein optimiertes Gebäude in Betracht gezogen werden.“
Insgesamt zehn Vorteile, so der Stahlhersteller
Flexibler, zeitsparend, nachhaltiger – die neue Arbeitsweise bringt entscheidende Vorteile mit sich, erklärt der Stahlexperte Vassart. In erster Linie eine Verringerung der Baukosten: ArcelorMittal soll „die beste Lösung zum besten Preis anbieten“, so auch der Ingenieur Pierre Engel. Beispiel: Die Verwendung der speziell von ArcelorMittal entwickelten Stahlträger und Böden soll es möglich machen, dass Neubauten niedriger als klassische Hochhäuser werden, aber im Inneren über den gleichen Platz verfügen. Das wiederum führt zu einer durchschnittlichen Kosteneinsparung von elf Prozent, da niedrigere Bauweise zum Beispiel nach weniger Fassade oder weniger Treppen verlangt. Auch zeigt sich der Stahlkonzern davon überzeugt, dass leichtere Stahlfundamente, die halb so viel wie andere Fundamente wiegen, durchschnittlich zu einem Kostenersparnis von 39 Prozent führen.
Im Großen und Ganzen will ArcelorMittal durch die neue Arbeitsweise Steligence die Kreativität und Bedürfnisse der Architekten besser unterstützen; Darauf weisen die Stahlexperten hin. Der französische Stararchitekt Jean-Michel Wilmotte, der den neuen Hauptsitz der Firma in Kirchberg entworfen hat, schreibt zur Vorstellung vom Steligence-Konzept, dass „Stahl ein außergewöhnliches, starkes Material ist. Jede Art von Gebäude kann mit Stahl gebaut werden – in vielen Fällen viel schneller als mit Beton oder Holz.“
Drei Fragen an: Pierre Engel
Pierre Engel ist Ingenieur bei ArcelorMittal. Er ist für die Umsetzung des Bauprojektes in Kirchberg zuständig. Die Fertigstellung des neuen Hauptquartiers in Luxemburg ist für 2020/2021 vorgesehen.
Inwiefern spiegelt der künftige Firmensitz in Kirchberg das neue Industriekonzept Steligence wider?
Steligence ist ein umfassendes Konzept; das Bauprojekt in Kirchberg ist ein Beispiel dafür. Wir setzen natürlich in der Entwicklung unseres Hauptquartiers auf die Werte, auf der unsere Arbeit beruht und die wir mit Steligence vorstellen. Dieses Haus ist ein Beispiel für effiziente Kreislaufwirtschaft. Jedes Stahlelement soll demontierbar und wiederverwendbar sein. Mit nur vier Grundelementen werden wir 80 Prozent des Gebäudes bauen können.
Vorgesehen ist, Teile des ArcelorMittal-Gebäudes an ein oder zwei Unternehmen zu vermieten. Die Rede ist auch von Cafés, Restaurants oder sogar einem Hotel, die in das Haus integriert sein könnten. Haben sich schon Unternehmen bei Ihnen gemeldet?
Das stimmt, ein Teil des Gebäudes soll für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Interessenten haben sich allerdings noch nicht bei uns gemeldet, weil wir noch über die beste Nutzung der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten nachdenken. Geplant sind auf jeden Fall ein Betriebsrestaurant, eine Sporthalle sowie ein Auditorium mit 200 Plätzen.
Wie weit sind Sie denn mit dem Bauprojekt?
Das Projekt kommt sehr gut voran. Wir arbeiten sehr eng mit dem Architektenbüro Wilmotte & Associés, das das neue Hauptquartier von ArcelorMittal entworfen hat, zusammen. Insgesamt beschäftigen sich 50 Mitarbeiter mit diesem großen Projekt. Wir werden mit dem Bau der Fundamente voraussichtlich im nächsten Jahr anfangen können. Allerdings sollte man immer vorsichtig sein, wenn man einen Zeitplan angibt, da es manchmal schwierig ist, ihn einzuhalten. Das Konzept ist jedenfalls fertig; wir sind derzeit dabei, die notwendigen Maschinen herzustellen.
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