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Handwerk kritisiert Expansionspolitik von Enovos
Wirtschaft 3 Min. 16.11.2020 Aus unserem online-Archiv

Handwerk kritisiert Expansionspolitik von Enovos

Die Kritiker monieren, dass Enovos immer mehr Dienstleistungen anbiete und Handwerksunternehmen aus dem Markt dränge.

Handwerk kritisiert Expansionspolitik von Enovos

Die Kritiker monieren, dass Enovos immer mehr Dienstleistungen anbiete und Handwerksunternehmen aus dem Markt dränge.
Foto: Shutterstock
Wirtschaft 3 Min. 16.11.2020 Aus unserem online-Archiv

Handwerk kritisiert Expansionspolitik von Enovos

Thomas KLEIN
Thomas KLEIN
Durch die Übernahmen der letzten Jahre habe der Strom- und Gaslieferant Enovos eine marktbeherrschende Stellung erlangt, kritisieren "Fédération des Artisans" und „Fédération du Génie Technique“.

Dass der Handwerksverband eine Pressekonferenz einberuft, um ein einzelnes Unternehmen zu kritisieren, ist schon ein ungewöhnlicher Schritt. Dennoch hat die Fédération des Artisans genau das am Montag getan, um die Expansionspolitik des Energielieferanten Enovos und seiner Holding-Firma Encevo an den Pranger zu stellen. 

Enovos Services, deren wichtigste Aktionäre der Staat, die Stadt Luxemburg, die staatseigene Banque et Caisse d'Épargne de l'État und die Post sind, hatten in den vergangenen Jahren einige Übernahmen von Handwerksbetrieben durchgeführt und konnte damit zusätzliche Dienstleistungen anbieten. 

Kritisieren den Expansionskurs von Enovos: Romain Schmit, Generalsekretär des Handwerksverbandes, Marc Thein von der „Fédération du Génie Technique“ und  Michel Reckinger, Präsident des Handwerksverbands (von links nach rechts).
Kritisieren den Expansionskurs von Enovos: Romain Schmit, Generalsekretär des Handwerksverbandes, Marc Thein von der „Fédération du Génie Technique“ und Michel Reckinger, Präsident des Handwerksverbands (von links nach rechts).
Foto: Anouk Antony/Luxemburger Wort

So kaufte der Strom- und Gaslieferant im Juli 2018 das Gebäudetechnikunternehmen Paul Wagner et Fils. Bald darauf übernahm Enovos Services auch Powerpanels, den größten Hersteller von Schalttafeln und Regelungstechnik im Land. Dass das Unternehmen in den vergangenen Tagen auch noch die Mehrheit an Minusines, einem Lieferanten für Elektroausrüstung erworben hat, rief nun den Handwerksverband und die „Fédération du Génie Technique“ (FGT), die unter anderem Betriebe aus den Bereichen Elektrotechnik, Heizung und Sanitär vertritt, auf den Plan. 

Die beiden Verbände befürchten eine unfaire Konkurrenz und marktbeherrschende Stellung des „de–facto Staatsbetriebs“, die sich aus dieser vertikalen Integration ergibt. „Enovos hat den Staat und mit Paul Wagner et Fils einen der größten Elektriker im Land im Rücken. Hinzu kommt die Spuerkeess als Aktionär. Man kann sich vorstellen, dass das Unternehmen sehr gute Konditionen bekommt, um Projekte zu finanzieren“, so Michel Reckinger, der Präsident des Handwerksverbands. „Wir wissen auch, dass die Einkaufstour von Enovos noch nicht vorbei ist und sie versuchen, weitere Betriebe aus dem Sektor zu kaufen.“ 

Über eine solche marktbeherrschende Stellung verfüge kein anderer Betrieb im Land, so Reckinger. Er frage sich also, welche Strategie die Regierung mit der Schaffung eines solchen Konglomerats verfolge. Um die Risiken einer Monopolbildung zu veranschaulichen, verweist Reckinger auf Frankreich, wo Gaz de France (GDF) eine dermaßen beherrschende Position innehatte, dass es heute dort praktisch keine unabhängigen Elektriker oder Installateure mehr gebe.


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Bereits 2018 hatte die Federation des Artisans daher eine Klage vor dem „Conseil de la concurrence“ eingereicht mit der Begründung, dass auf dem Markt eine „ungesunde Konzentration und ein strukturelles Ungleichgewicht“ vorliegen, so Reckinger. Der Wettbewerbsrat hatte festgestellt, dass zwar eine dominante Marktposition vorliege, diese aber nicht gleichbedeutend sei mit einem Missbrauch dieser Stellung. Das müsse erst im Einzelfall nachgewiesen werden. Daher wurde die Klage abgewiesen. 

„So lange Enovos also nicht mit dem Finger im Marmeladenglas („Gebeessdëppchen“) erwischt wird, gibt es kein Problem. Das ist aber eine Handhabe, die es nur noch in Luxemburg gibt“, sagt Reckinger. Denn im Unterschied zu den Nachbarländern und entgegen der Empfehlung der Europäischen Kommission gibt es im luxemburgischen Wettbewerbsrecht keine „Ex-Ante“ Prüfung, bei der bereits im Vorfeld einer Übernahme geprüft wird, welche Folgen ein Zusammenschluss von zwei Firmen für den Markt hat. Zwar sei gerade eine Reform des Wettbewerbsrechts auf dem Instanzenweg, eine Vorabprüfung sei aber auch darin nicht vorgesehen, kritisiert Reckinger. Auch hier fordert der Handwerksverband Nachbesserungen. 


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Enovos selbst weist die Kritik indes zurück. In einer Stellungnahme verweist das Unternehmen darauf, dass Wettbewerbsrat dem Verband der Handwerker nicht zustimmte und im Gegenteil ihre Beschwerde zurückwies. Man habe sich an alle Wettbewerbsregeln gehalten. „Bei den jüngsten Ergänzungen der Gruppe durch Enovos Services wurde stets darauf geachtet, die Strukturen und das Marktgleichgewicht nicht zu verändern. Es wurde kein neuer Wettbewerber geschaffen, da diese Unternehmen seit Jahrzehnten bestehen. Kein von der Encevo-Gruppe übernommenes Unternehmen ist verschwunden,“ schreibt der Betrieb. 

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