GDF Suez in Luxemburg unter der Lupe
GDF Suez in Luxemburg unter der Lupe
(aa/C./dpa/AFP) - Der EU-Kommission zufolge könnte GDF Suez, seit 2015 als „Engie“ geführt, aufgrund mehrerer luxemburgischer Steuervorbescheide einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber anderen Unternehmen erlangt haben, so dass ein Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften vorläge.
Die Behörde will nun prüfen, ob die luxemburgischen Steuerbehörden selektiv von nationalen Steuervorschriften in Bezug auf Steuervorbescheide für GDF Suez abwichen.
EU-Kommission spricht von selektiven Steuervorteilen
Demnach würden anscheinend die gleichen Finanztransaktionen zwischen Unternehmen von GDF Suez sowohl in Bezug auf das Fremd- als auch in Bezug auf das Eigenkapital unterschiedlich behandelt, hieß es.
Die Kommission vertritt in dieser Phase die Auffassung, dass die Behandlung infolge der Steuervorbescheide zu erheblichen Steuervorteilen für GDF Suez geführt habe, von denen andere den gleichen luxemburgischen Steuervorschriften unterliegende Unternehmen nicht profitieren konnten.
Vestager kündigt sorgfältige Untersuchung an
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Finanztransaktionen können je nach Art der Transaktion - Eigen- oder Fremdkapital - unterschiedlich besteuert werden, aber ein einziges Unternehmen kann nicht auf beiden Seiten ein- und derselben Transaktion den jeweils besten Vorteil erhalten.
Deshalb werden wir mehrere Steuervorbescheide, die Luxemburg GDF Suez erteilt hat, sehr sorgfältig untersuchen. Sie scheinen nationalen Steuervorschriften zuwider zu laufen, so dass GDF Suez anscheinend deutlich weniger Steuern als andere Unternehmen entrichten muss.“
Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager hatte zuletzt mit einer Entscheidung im Fall Apple Furore gemacht: Der US-Konzern erhielt aus Sicht der Kommission von Irland wettbewerbswidrige Vorteile und soll nun 13 Milliarden Euro nachzahlen.
Der Fall GDF Suez ist nicht so groß - die EU nennt noch keine Summen. Doch ist er bedeutsam als einer von mehreren seit dem sogenannten Luxleaks-Skandal von 2014, der Steuersparmodelle in Luxemburg in Verruf brachte. Übrigens hielt der französische Staat zum 31. Dezember letzten Jahres 32,76 Prozent der Anteile an GDF Suez bzw. Engie.
Finanzministerium bestreitet Sonderbehandlung
Das luxemburgische Finanzministerium teilte inzwischen mit, dass die Ankündigung der Kommission, die steuerliche Behandlung von GDF Suez zu untersuchen, ein prozeduraler Schritt sei, der das Ergebnis der Untersuchung nicht präjudizierend vorwegnehme. Auch gebe es keinen Zusammenhang mit anderen laufenden Verfahren.
In Luxemburg gehe man davon aus, dass den Gesellschaften der Engie-Gruppe in Luxemburg keinerlei steuerliche Sonderbehandlung oder besondere Vorteile gewährt worden seien. Im Rahmen der Untersuchung werde man die von der Kommission geforderten Informationen zur Verfügung stellen, so das Finanzministerium.
Mehrere Steuervorbescheide für zwei Steuermodelle
Laut einer Mitteilung der EU-Kommission hat Luxemburg seit September 2008 mehrere Steuervorbescheide für zwei vergleichbare Steuermodelle für vier Unternehmen der GDF Suez Gruppe erteilt, die alle in Luxemburg ansässig sind.
Dabei handele es sich um in Eigenkapital umwandelbare zinslose Darlehen für den Darlehensgeber. Ein konvertibles zinsloses Darlehen wurde 2009 von LNG Luxembourg (Darlehensgeber) an GDF Suez LNG Supply (Darlehensnehmer) vergeben; das andere Darlehen 2011 von Electrabel Invest Luxembourg (Darlehensgeber) an GDF Suez Treasury Management (Darlehensnehmer).
Inkohärente steuerliche Behandlung einer Transaktion
Die Kommission vertritt derzeit die Auffassung, dass die beiden Finanztransaktionen in den Steuervorbescheiden sowohl als Fremd- und als auch als Eigenkapital behandelt werden. Dies führe jedoch zu einer inkohärenten steuerlichen Behandlung ein und derselben Transaktion, heißt es.
Auf der einen Seite könne der Darlehensnehmer Rückstellungen für Zinszahlungen an den Darlehensgeber bilden (als Darlehen behandelte Transaktion). Auf der anderen Seite würden die Erträge des Darlehensgebers als eine einer Dividende des Darlehensnehmers vergleichbare Eigenkapitalvergütung betrachtet (als Eigenkapital behandelte Transaktion).
Doppelte Nichtbesteuerung für Gewinne in Luxemburg
Die steuerliche Behandlung scheine zu einer doppelten Nichtbesteuerung sowohl des Darlehensgebers als auch des Darlehensnehmers für Gewinne in Luxemburg zu führen, teilt die EU-Kommission mit.
GDF Suez sei offenbar in der Lage, Steuern infolge der Steuervorbescheide zu vermeiden. Das Unternehmen scheine dabei einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten, den andere den gleichen nationalen Steuerregeln unterliegende Unternehmen nicht haben.
Untersuchung soll ergebnisoffen geführt werden
Sollte sich dies bestätigen, würde es sich um eine unzulässige staatliche Beihilfe handeln, so die Kommission weiter. Die Untersuchung werde ergebnisoffen geführt und stelle das allgemeine Steuersystem Luxemburgs nicht in Frage.
Die EU-Kommission hat bereits in der Vergangenheit im Großherzogtum unrechtmäßige Beihilfen an Fiat Chrysler angeprangert. Dagegen zogen sowohl die luxemburgische Regierung als auch der Konzern vor Gericht. In weiteren Verfahren gegen Amazon und McDonald's fiel noch keine Entscheidung.
Staatliche Begünstigung mit Binnenmarkt unvereinbar
Nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen drohen, grundsätzlich mit dem EU-Binnenmarkt unvereinbar.
Hintergrund GDF Suez:
GDF Suez ist ein französisches Stromversorgungsunternehmen, das sich mittlerweile in „Engie“ umbenannt hat. Diese Untersuchung betrifft mehrere Tochterunternehmen der Gruppe mit Sitz in Luxemburg.
Laut EU-Kommission handelt es sich bei GDF Suez Treasury Management um eine gruppeninterne Treasury- Gesellschaft, die Zinszahlungen von anderen europäischen Unternehmen der Gruppe erhält.
GDF Suez LNG Supply ist auf dem Gebiet des An- und Verkaufs sowie des Handels mit Flüssigerdgas und Gasderivaten tätig.
LNG Luxembourg und Electrabel Invest Luxembourg sind Unternehmen der GDF Suez-Gruppe, die hauptsächlich als Intermediäre für gruppeninterne Finanzierungstransaktionen agieren.
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