Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter – aber noch viel zu tun
Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter – aber noch viel zu tun
Trotz deutlicher Fortschritte bleibt die Ungleichstellung zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt groß. „Gemeinsam mit der Unternehmensführung, Mitarbeitern und Gleichstellungsbeauftragten wollen wir Maßnahmen ergreifen, um das Ziel der Gleichstellung zu verwirklichen“, sagt Taina Bofferding, Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern.
Wie es um die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt bestellt ist, hat das Statistikamt Statec untersucht. Kernergebnis: Obwohl Frauen beim Start in den Beruf meist bessere Voraussetzungen mitbringen als Männer, werden sie im weiteren Verlauf des Arbeitslebens oft abgehängt – sei es bei der Bezahlung oder bei der Besetzung von Führungspositionen.
Beim Start ins Berufsleben, also wenn sie die Schule verlassen, sind junge Frauen im Schnitt besser qualifiziert als Männer. Rund 44 Prozent der erwerbstätigen Frauen haben einen Abschluss oder Diplom in der Tasche, der Anteil der Männer liegt bei 35 Prozent. Damit konnten die Frauen ihren Vorsprung in diesem Bereich seit 2010 weiter ausbauen.
Berufliche Segregation
Doch schon bei der Berufswahl fängt die Spreizung bei Verdiensten und Karriereoptionen an. Zwar haben die Frauen beim beruflichen Qualifikationsniveau deutlich nachgeholt, doch entscheiden sie sich häufiger als Männer für einen meist schlechter bezahlten Dienstleistungsberuf und seltener für eine Karriere in der Industrie oder im Handwerk zum Beispiel. 29 Prozent der Frauen arbeiten in den Bereichen Pflege und Erziehung, im Vergleich zu sieben Prozent der Männer; 40 Prozent der Männer arbeiten im Baugewerbe, in der Industrie und im Transport – im Vergleich zu neun Prozent der Frauen.
Die Segregation zeigt sich auch daran, dass es weiter typische Männer- oder Frauenberufe gibt. So sind 75 Prozent der Frauen in der Gesundheits- und Sozialbranche beschäftigt. Sie besetzen auch 66 Prozent der Stellen im Bildungswesen. Im Baugewerbe dagegen sind die weiblichen Beschäftigten eine Ausnahme (8 Prozent); das gilt auch im Bereich Transport (15 Prozent) und Industrie (17 Prozent). In einigen Sektoren sind sie im Vergleich zum Durchschnitt leicht überrepräsentiert, so etwa in der Horeca (51 Prozent), im Handel (42 Prozent), im Unterstützungsdienst (41 Prozent), im Finanzsektor (46 Prozent) oder in den „spezialisierten, wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten (42 Prozent).
„Abgesehen von einem leichten Anstieg des Frauenanteils im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der öffentlichen Verwaltung und im Transportwesen, sind diese Zahlen seit den frühen 2000er Jahren mehr oder weniger stabil geblieben“, sagt der Autor der Studie Paul Reiff.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Der Frauenanteil am Arbeitsleben ist immer noch gering. Nur 38 Prozent der Beschäftigten sind Frauen. Damit hat Luxemburg den niedrigsten Anteil von Frauen an der Gesamtbeschäftigung in Europa – der Durchschnitt liegt EU-weit bei rund 48 Prozent. Während die Erwerbstätigenquote bei den Luxemburger Einwohnerinnen bei 48 Prozent liegt, liegt der Anteil bei den ausländischen Einwohnerinnen bei 38 Prozent und bei den Grenzgängerinnen bei „lediglich“ 33 Prozent.
Mehr Frauen in Führungspositionen
Die gute Nachricht: Immer mehr Frauen übernehmen heute Führungsposition in Unternehmen. Der Anteil der Frauen, die einen Direktorenposten oder eine leitende Position haben, stieg zwischen 2010 und 2018 von 18 Prozent auf 26 Prozent. In den Kategorien „geistige und wissenschaftliche Berufe“ und „intermediäre Berufe“, in denen die Frauen bereits stark vertreten waren, stieg ihr Anteil um weitere fünf Prozentpunkte.
Baustelle Teilzeitarbeit
Als eine der größten Baustellen auf dem Weg zur Gleichstellung sieht der Statec den konstant hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigungen unter Frauen. 36 Prozent der Frauen aber nur sechs Prozent der Männer arbeiten in Teilzeit, oder anders ausgedrückt: 78 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. In einigen Tätigkeiten arbeiten mehr als die Hälfte der Frauen in Teilzeit. Das ist hauptsächlich der Fall im Bereich der Verwaltungs- und Unterstützungsdienste (einschließlich Reinigungsbranche) und im Pflegesektor.
Der sogenannte Gender Pay Gap ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen und liegt derzeit bei 1,6 Prozent. Luxemburg ist damit EU-weit das Land mit den geringsten Unterschieden im Bruttostundenverdienst. Betrachtet man den Jahresgehalt, so beträgt der Verdienstunterschied allerdings 7,2 Prozent. Eine Erklärung ist, dass Männer deutlich höhere Boni oder andere Sonderzahlungen beziehen, wie etwa der 13. Monatsgehalt oder Leistungsprämien.
Die Studie zeigt auch, dass ein deutlich höherer Anteil der Frauen sehr niedrige Löhne verdient – unter 30 000 Euro im Jahr. Am anderen Ende macht sich die sogenannte „gläserne Decke“ bemerkbar: Sehr hohe Gehälter scheinen für Frauen unerreichbar zu bleiben. Nur 2,5 Prozent der Frauen beziehen ein Jahresgehalt von mehr als 150 000, verglichen mit 5,4 Prozent der Männer.
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