Filialsterben: "Einzelhandel wird darunter leiden"
Filialsterben: "Einzelhandel wird darunter leiden"
(mab) - Im Februar war es die Spuerkeess, die ankündigte, elf Filialen im Land zu schließen. Jetzt folgt die BGL BNP Paribas mit sieben Zweigstellen. Zwei Standorte trifft es dabei gleich doppelt: Fels und Wasserbillig.
Im Stich gelassen
Schon beim ersten Mal fühlten sich die Einwohner im Stich gelassen und fürchteten, der Schließung könnten weitere folgen. Nun ist genau das eingetroffen. „Wir haben damit gerechnet, können aber nichts dagegen tun“, sagt Jérôme Laurent. Er ist Bürgermeister der Gemeinde Mertert, zu der Wasserbillig gehört.
„Der Einzelhandel wird darunter leiden“, prophezeit der LSAP-Politiker. Bisher kamen nämlich auch Kunden aus Nachbargemeinden zur Bank und gingen anschließend einkaufen. Auf die ist man in Corona-Zeiten besonders angewiesen.
Ich selbst war lange in keiner Filiale mehr.
Laurent Zeimet, Bürgermeister von Bettemburg
Bettemburg ist ebenfalls von der Schließung einer BGL-Filiale betroffen. Bürgermeister Laurent Zeimet (CSV) findet das aber nachvollziehbar. „Ich vertraue da dem Markt. Banken können rechnen. Wenn es sich für sie nicht mehr lohnt, dann ist das so.“ Und er fügt hinzu: „Ich selbst war lange in keiner Filiale mehr. So geht es sicher vielen.“
Schub für die Digitalisierung
Die sieben Filialen der BGL wurden im Lockdown geschlossen – und danach nicht wieder geöffnet. Da ist sie wieder: die Verbindung aus Corona-Krise und der Beschleunigung digitaler Trends.
Banken mussten im Lockdown digital aufholen und taten es. „In der Kommunikation mit den Kunden sind enorme Fortschritte erzielt worden“, erklärt Jörg Ackermann, Partner und Bankenexperte bei der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC).
Viele Kunden nahmen und nehmen dieses neue Angebot an. Nach dem Lockdown hat die BGL „einen sehr starken Anstieg“ beim Online-Banking verzeichnet, wie die Bank mitteilt. „Angesichts der Veränderungen im Kundenverhalten“ passe die Bank nun also ihr Angebot an.
Viele nutzen für ihre Geschäfte mittlerweile lieber das Smartphone, als sich auf den Weg in die Filiale zu machen.
Alltägliche Bankgeschäfte, aber auch die Aufnahme von Krediten oder Anlageberatung werden mehr und mehr online abgewickelt. So war es schon vor Corona. Laut dem Bankbericht der Beratungsfirma McKinsey nutzten bereits 2018 über 65 Prozent der Europäer Onlinebanking. Die Entwicklung „beschleunigt sich vor dem Hintergrund der Gesundheitskrise”, so die BGL.
Der Bankexperte bestätigt das. „Viele nutzen für ihre Geschäfte mittlerweile lieber das Smartphone, als sich auf den Weg in die Filiale zu machen. Nicht zuletzt im Lockdown hat sich gezeigt, dass die perfekte App eigentlich die ist, die den Gang zur Filiale überflüssig macht“, erklärt Ackermann.
Viele Kosten, wenige Kunden
Noch stehen Filialen und Online-Banking nebeneinander. „Der Übergang ist schmerzhaft für die Banken, weil sie für einen kleiner werdenden Teil der Bevölkerung noch die gleichen Kosten tragen müssen“, so Ackermann. Das hat Konsequenzen.
Aktuelle Zahlen der Europäischen Zentralbank zeigen, dass die Schließung von Filialen ein europäischer Trend ist. Die Zahl der Mitarbeiter ging im letzten Jahr in 20 EU-Staaten um durchschnittlich 0,9 Prozent zurück. 2019 wurden im Durchschnitt 6,3 Prozent der Filialen geschlossen – in manchen Ländern bis zu 37 Prozent.
In Luxemburg war die Anzahl der Filialen lange relativ stabil. Im Jahr 2014 gab es laut ABBL 221 Filialen, 2018 waren es 210. Mit der Corona-Krise scheint der Trend auch hierzulande einzuschlagen. Verlierer sind oft ältere Kunden. „Nicht alle sind online“, gibt Ackermann zu bedenken.
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