EU-Steuertransparenz: Luxemburg reiht sich ein
EU-Steuertransparenz: Luxemburg reiht sich ein
Von Diego Velazquez und Thomas Klein
Aus Luxemburger Sicht war das Treffen der EU-Wirtschaftsminister am Donnerstag ein Minenfeld: Einerseits will das Land seinen Ruf als Steueroase in Brüssel nicht zusätzlich verfestigen. Andererseits aber hat die luxemburgische Regierung ein ernsthaftes Problem mit dem Vorschlag, der auf dem Tisch lag.
Beim Treffen der EU-Wirtschaftsminister ging es nämlich darum, auszuloten, ob es für das sogenannte „public country by country reporting“ eine Mehrheit unter den EU-Staaten gibt. Laut dieser Idee, die bereits 2016 von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde, wären Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro gezwungen, ihre Einnahmen, Gewinne, Mitarbeiterzahlen und abgeführten Steuern aufgeschlüsselt nach Ländern zu veröffentlichen. Damit soll für jeden klar erkennbar sein, welche Unternehmen aggressive Steuervermeidungsstrategien anwenden, indem sie Geschäfte in einem Land machen, Gewinne aber in Staaten mit niedrigen Steuersätzen wie Luxemburg verlagern.
Auf Ebene der Steuerbehörden werden die Informationen zwar bereits ausgetauscht, aber indem die Daten nun auch Journalisten, NGOs und potenziellen Kunden zugänglich gemacht werden, sollte der Druck auf potenzielle Steuervermeider größer werden.
Streit über Rechtsgrundlage
„Wir brauchen faire und effiziente Steuersysteme sowie informierte öffentliche Debatten“, sagte die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen Mairead McGuinness am Donnerstag. „Die Maßnahme wird den Druck erhöhen, um ein international kohärentes Steuersystem auf die Beine zu stellen“, meint auch Sven Giegold, EU-Parlamentarier in der grünen Fraktion. Durch den öffentlichen Pranger soll erreicht werden, dass Firmen ihre Steuern dort abführen, wo sie ihre Gewinne machen. Auch aus Angst, von verärgerten Konsumenten abgestraft zu werden.
Luxemburg teile dieses Ziel, meinte Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP), der in seiner Wortmeldung am Donnerstag klarstellen wollte, dass seine Regierung auch „für Steuertransparenz und gegen Steuervermeidung“ sei. Allerdings, so Franz Fayot weiter, habe Luxemburgs Regierung noch immer starke Vorbehalte gegenüber der von der EU-Kommission angewandten Methode, um dieses Ziel zu erreichen. Die EU-Kommission, so die Lesart in Luxemburg, wusste von Anfang an, dass es in dieser Angelegenheit schwierig werden würde, bei den Mitgliedstaaten Einstimmigkeit zu finden – was in Steuerfragen notwendig ist.
Deswegen habe die Brüsseler Behörde eine Rechtsgrundlage gesucht, um die Steuertransparenzmaßnahme als einfache Buchhaltungsfrage zu behandeln, die mit qualifizierter Mehrheit von den EU-Ländern entschieden werden kann. Dagegen wehrten sich Luxemburg, Zypern, Irland, Malta, Ungarn und Schweden erneut am Donnerstag. Diese Haltung wird auch von einem Rechtsgutachten untermauert, das vom juristischen Dienst des EU-Rats stammt – einer EU-Institution, in der die verschiedenen Regierungen aus den Mitgliedsländern vertreten sind.
Laut diesem Gutachten ist die Rechtsgrundlage der EU-Kommission die falsche. Franz Fayot bedauerte, dass eine große Anzahl von Mitgliedstaaten dies einfach ignorieren würde. Doch „aufgrund seines Engagements für Steuertransparenz wird Luxemburg den Zielen des Vorschlags jedoch nicht im Wege stehen“, so Fayot. Damit gab die Regierung ihren während fünf Jahren gepflegten Widerstand gegen das Vorhaben auf. Vieles ändern wird die Luxemburger Kehrtwende aber ohnehin nicht. Der Streit rund um die Rechtsgrundlage wirkt nämlich verloren: Eine große Mehrheit unter den EU-Staaten unterstützt den Vorschlag sowie die Rechtsgrundlage der EU-Kommission.
Das stellte die Debatte am Donnerstag unmissverständlich klar. Und auch die Kritiker des Vorschlags wirken etwas resigniert, betonten aber, dass es sich dabei nicht „um einen Präzedenzfall handeln dürfe“, wie der Vertreter aus Estland sagte. „Heute erlebten wir einen Durchbruch für die Steuergerechtigkeit“, meinte Sven Giegold anschließend. Nun müssen die EU-Staaten den Vorschlag noch formell annehmen und dann können die Verhandlungen mit dem EU-Parlament beginnen.
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