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EU-Finanzminister uneins über Steuerregeln für Digital-Riesen
Wirtschaft 2 Min. 29.04.2018 Aus unserem online-Archiv

EU-Finanzminister uneins über Steuerregeln für Digital-Riesen

„Es gibt viele verschiedene Ansichten“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

EU-Finanzminister uneins über Steuerregeln für Digital-Riesen

„Es gibt viele verschiedene Ansichten“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.
Foto: Bloomberg/Getty Images
Wirtschaft 2 Min. 29.04.2018 Aus unserem online-Archiv

EU-Finanzminister uneins über Steuerregeln für Digital-Riesen

Digitalkonzerne machen in Europa riesige Geschäfte, zahlen mangels physischer Präsenz aber weniger Steuern als andere Firmen. Bei den EU-Finanzministern herrscht Streit: Soll die EU vorpreschen oder erst auf eine internationale Lösung drängen?

(dpa) - Im Kreis der EU-Finanzminister herrscht Uneinigkeit über die rasche Einführung härterer Steuerregeln für Digitalkonzerne wie Facebook und Google. „Es gibt viele verschiedene Ansichten“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nach dem informellen Treffen der EU-Ressortchefs am Samstag in Sofia. „Manche Länder wollen keine kurzfristige Entscheidung“, meinte Bulgariens Finanzminister Wladislaw Goranow. Bulgarien hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne.

Große Digitalkonzerne zahlen der EU-Kommission zufolge deutlich weniger Steuern als herkömmliche Industrie- und Dienstleistungsbetriebe. Deutschland, Frankreich und einige andere Staaten forderten deshalb im vergangenen Jahr rasche Maßnahmen zur stärkeren Besteuerung. Sie kritisieren, dass die Konzerne in Europa gewaltige Umsätze und Gewinne verbuchen, aber kaum Steuern zahlen, da sie in den meisten Ländern keine versteuerbaren Firmensitze haben. Außerdem bündeln sie ihre Geschäfte in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen, etwa in Irland.


(FILES) In this file photo taken on November 20, 2017 shows logos of US multinational technology company Google displayed on computers' screens.
France will take legal action against Google and Apple for "abusive business practices", Finance Minister Bruno Le Maire said March 14, 2018. / AFP PHOTO / LOIC VENANCE
Google und Co. zur Kasse bitten
Die LW-Redakteure Diego Velazquez und Pierre Leyers erörtern kontrovers das Für und Wider einer europäischen Digitalsteuer.

„Uns gehen dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren“, sagte Moscovici. Die Brüsseler Behörde hatte daher vorgeschlagen, für Unternehmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragssteuer zu verhängen.

Längerfristig will die EU-Kommission außerdem die Körperschaftssteuer-Regeln ändern. EU-Staaten sollen dann Gewinne, die bei ihnen erwirtschaftet werden, auch ohne physische Präsenz eines Unternehmens besteuern können. Dazu sollen „digitale Betriebsstätten“ eingeführt werden. Wenn eine Firma in einem Land etwa mehr als 100.000 Online-Nutzer verzeichnet oder in einem Jahr mehr als sieben Millionen Euro erwirtschaftet, würde sie als digital präsent gelten und müsste eine Steuererklärung abgeben.

Wir müssen das mit den Amerikanern diskutieren. Wenn wir das ganz alleine machen als EU, wird die Digitalsteuer sehr wenig wirksam und für die Wettbewerbsfähigkeit von Europa schlecht sein.

In Steuerfragen müssen die EU-Staaten einstimmig entscheiden, Beschlüsse gelten hier daher als besonders schwierig. Neben den traditionell kritischen Iren äußerten nun vor allem Luxemburg und Malta Bedenken. Es müsse eine Lösung auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gefunden werden, sagte Finanzminister Pierre Gramegna. „Wir müssen das mit den Amerikanern diskutieren. Wenn wir das ganz alleine machen als EU, wird die Digitalsteuer sehr wenig wirksam und für die Wettbewerbsfähigkeit von Europa schlecht sein.“ Maltas Finanzminister Edward Scicluna sagte: „Wir sind mehr auf der vorsichtigen Seite.“

Deutschland und Frankreich ziehen in der Sache hingegen anscheinend an einem Strang. Es sei ein großes moralisches Problem, dass die größten Firmen nicht ihren öffentlichen Verpflichtungen nachkämen, sagte der deutsche Bundesfinanzminister Olaf Scholz. „Wir können nicht länger akzeptieren, dass unsere kleinen und mittleren Unternehmen (...) hohe Steuern bezahlen und die Digital-Riesen nicht dasselbe entrichten“, meinte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire.

Während der nicht-öffentlichen Sitzung äußerte sich Le Maire EU-Kreisen zufolge noch deutlich schärfer. „Glaubt irgendjemand in diesem Raum wirklich, dass die USA, die ihre eigenen Steuern kürzen, Digitalsteuern auf globaler Ebene zustimmen werden?“, sagte er demnach an seine EU-Kollegen gerichtet. Die USA hätten dabei auch niemanden in Europa nach einer Meinung gefragt. „Eine Sache, die ich während meiner Woche mit Präsident (Emmanuel) Macron in den USA gelernt habe: Die Amerikaner werden nur eine Demonstration der Stärke respektieren.“

Eine Entscheidung müsse bis spätestens Ende des Jahres fallen.


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