Covid-19-Stabilisierungsplan: Neun Milliarden Euro gegen den Kollaps
Covid-19-Stabilisierungsplan: Neun Milliarden Euro gegen den Kollaps
Geschlossene Läden, leere Restaurants, verlassene Fabriken: Die Luxemburger Wirtschaft steht still: Mit der kolossalen Summe von neun Milliarden Euro – ein halbes Staatsbudget – will die Luxemburger Regierung eine drohende Pleitewelle und massiv steigende Arbeitslosigkeit verhindern.
Nachdem am Nachmittag Regierungschef Xavier Bettel den gewaltigen Umfang des Hilfspakets angekündigt hatte, war es am Abend an den zuständigen Ressortministern, die Details zu präsentieren. Finanzminister Pierre Gramegna lobte das „Luxemburger Modell“, das den Covid-19-Stabilisierungsplan ermöglicht habe.
Alle Maßnahmen seien im Dialog mit wichtigen Wirtschaftsakteuren wie Handelskammer, Handwerkskammer und Bankenvereinigung ausgearbeitet worden. Insgesamt 8,8 Milliarden Euro werden die Hilfen umfassen, die der Staat strauchelnden Unternehmen zur Verfügung stellt, damit diese weiter Löhne und Mieten zahlen können.
Zu den wirksamsten Sofortmaßnahmen zählte Gramegna die Unterstützung für die Kurzarbeit. Der Staat zahlt 80 Prozent der jeweiligen Gehälter. Für die 35.000 Klein- und Mittelbetriebe, die es in Luxemburg gibt, bedeutet diese Maßnahme das Überleben. Die Regierung kostet sie 500 Millionen Euro pro Monat, eine Milliarde auf zwei Monate gerechnet. Für diese lange Periode scheint sich Luxemburg auf den Stillstand einstellen zu müssen.
Die Krise macht es möglich, dass die einschränkenden De-minimis-Regeln der EU, die staatliche Unterstützung beschränken, gelockert wurden. Dies erlaubt der Regierung, den Unternehmen großzügig unter die Arme zu greifen. Hilfen bis zu 800.000 Euro werden somit möglich. Insgesamt 300 Millionen Euro hat die EU-Kommission für die luxemburgischen Beihilfen genehmigt.
Da die Schulen geschlossen sind, müssen die Schüler zu Hause bleiben. Den Betrieben, die Eltern im Rahmen des „congé pour raison familiale“ freistellen, wird diese Maßnahme mit einer Summe von insgesamt 200 Millionen Euro entgolten.
5.000 Euro für Selbstständige
Selbstständige und kleine Firmen sind in Wirtschaftskrisen am meisten gefährdet, viele von ihnen haben wenig Polster, um jetzt über die Runden zu kommen. Für sie sind 50 Millionen Euro an Direkthilfen vorgesehen. Jeder Selbstständige und jedes Unternehmen mit weniger als neun Beschäftigten soll schnellstmöglich und unbürokratisch 5.000 Euro erhalten, kündigte Mittelstandsminister Lex Delles an.
Auch einen Zahlungsaufschub sieht die Regierung vor, etwa bei den Vorauszahlungen an die Enregistrement-Verwaltung. Die wohl kostspieligste Bestimmung betrifft die sozialen Abgaben. Sie können für sechs Monate ausgesetzt werden, eine Maßnahme, die ein Loch von drei Milliarden Euro in den Staatshaushalt reißen wird.
Damit die Unternehmen nicht unversehens in die Schuldenfalle geraten, will der Staat die Bürgschaft übernehmen. Insgesamt soll ein Kreditvolumen von 2,5 Milliarden Euro abgesichert werden.
Auch die Banken wollen sich beteiligen. Finanzminister Gramegna hob die gute Zusammenarbeit mit dem Bankensektor hervor. An dem Bürgschaftspaket wird der Luxemburger Staat 85 Prozent des Risikos, die Banken BCEE, BGL BNP Paribas, BIL, Raiffeisen, Banque de Luxembourg und ING 15 Prozent übernehmen.
Ein Hilfspaket in der noch nie da gewesenen Höhe von fast neun Milliarden Euro lässt sich nicht so einfach aus dem Ärmel zaubern, auch, wenn die Luxemburger Staatsfinanzen gesund und die Verschuldung gering ist.
In der kommenden Woche soll das Parlament der Regierung die Erlaubnis erteilen, eine Anleihe in Höhe von drei Milliarden Euro aufzunehmen. Bei der SNCI hat die Krise einen „Paradigmenwechsel“ bewirkt, wie Wirtschaftsminister Franz Fayot es beschrieb.
Die staatliche Investitionsbank hilft ab jetzt Betrieben in finanziellen Schwierigkeiten, und zwar mit einem Paket von insgesamt 600 Millionen Euro.
Handelskammer zufrieden
In einer ersten Reaktion begrüßte der Präsident der Handelskammer, Luc Frieden, das Hilfspaket. Zwei Ziele würden damit erreicht. Zum einen seien Liquiditätsengpässe kleiner Betriebe vorerst gelindert, und zum anderen werde verhindert, dass sich die Wirtschaftskrise zur Finanzkrise entwickelt, sollten Banken mit Kreditausfällen konfrontiert sein.
Während Luxemburg wie andere EU-Staaten auch die heimische Wirtschaft mit Milliarden stützt und sich dafür verschuldet, will Brüssel wiederum den Staaten helfen. Zur Debatte stehen Mittel aus dem Eurorettungsschirm ESM, der mit über 400 Milliarden Euro ausgestattet ist. Bereits ausgesetzt wurden die Schulden- und Defizitregeln, um den Staaten mehr Spielraum zu geben.
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