Corona-Virus: Luxemburger Firmen verordnen Heimarbeit
Corona-Virus: Luxemburger Firmen verordnen Heimarbeit
Die Auswirkungen des Corona-Virus auf die luxemburgische Wirtschaft werden immer greifbarer. Anders als bei vergangenen Krisen gibt es nicht nur ein Nachlassen der Nachfrage, Corona stört auch die Lieferketten der Unternehmen und lähmt die Produktion, da Mitarbeiter erkranken oder als Vorsichtsmaßnahme nach Hause geschickt werden. So meldeten die Post und die Europäische Investmentbank gestern die ersten bestätigten Corona-Fälle.
„Lieferengpässe, Reise- und Versammlungseinschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter vor Infektionen erschweren betriebliche Prozesse erheblich. Wir gehen davon aus, dass wir erst am Anfang stehen und dass die Auswirkungen mehrere Monate spürbar sein werden, abhängig davon, wie stark sich das Virus verbreiten wird. Entsprechend müssen die Unternehmen ihre Prozesse anpassen. Bei manchen wird das gehen, bei anderen nicht. Die benötigen dann staatliche Unterstützung“, so Nicolas Buck, Präsident der Union des Entreprises Luxembourgeoises (UEL).
Heimarbeit keine Option für alle
Während es beispielsweise für Dienstleistungs- und Finanzunternehmen vergleichsweise einfach ist, ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken, ist das für produzierende Unternehmen kaum möglich. Nachdem die französische Region Grand Est als Risikogebiet eingestuft wurde, entschied der Hartmetallhersteller Ceratizit, ihre Mitarbeiter, die aus der Region zur Arbeit pendeln, für zwei Tage nach Hause zu schicken.
Das betrifft über 600 Angestellte, fast die Hälfte der Beschäftigten. „Die Geschäftsführung hat die Mitarbeiter aus der Region Grand Est gebeten, am Donnerstag und Freitag zu Hause zu bleiben. Mitarbeiter die mit Laptop und VPN Token ausgestattet sind, können weiterhin von zu Hause aus arbeiten. Im Werk ist das natürlich nicht möglich. Derzeit läuft die Produktion aber weiter“, erklärt ein Sprecher des Unternehmens.
Angesichts des hohen Anteils von Grenzgängern stellt sich die Frage, wie lange Ceratizit die Praxis durchhalten kann, ohne dass die Produktion beeinträchtigt wird. „Wir werden weiterhin die Entwicklung der Situation sehr genau verfolgen und die nötigen Maßnahmen treffen, um unsere Produktion am Laufen zu halten und die Sicherheit unserer Mitarbeiter und ihrer Familien sicherzustellen“, so der Sprecher weiter.
Auch die Krankenhäuser befinden sich in einer schwierigen Situation, da der Großteil der Arbeiten dort naturgemäß nicht von zu Hause aus durchgeführt werden kann. „Aber wir führen gerade einer Analyse sämtlicher Funktionen in der Verwaltung durch. Jeder Mitarbeiter, der seine Arbeit auch im Homeoffice erledigen kann, soll das ab sofort tun – und zwar unabhängig davon, ob er Grenzgänger ist oder nicht. Wenn die Welle mal rollt, ist die Frage der Grenzen ohnehin irrelevant“, so Marc Glesener, Sprecher der Hôpitaux Robert Schuman.
Für die Spuerkeess ist die Frage nach den Grenzgängern ebenso nicht entscheidend, da sie lediglich zehn Prozent der Belegschaft der Bank ausmachen. „Davon arbeitet die Hälfte in der IT. Da gibt es schon lange die Möglichkeit des Homeoffice, damit wir in Notfällen schnell reagieren können“, erklärt Marc André, Abteilungsleiter bei der Spuerkeess. Wurde bei der Bank Heimarbeit bisher nur in Sonderfällen gestattet, laufen gerade technische Tests, damit die Mitarbeiter bald flächendeckend von zu Hause arbeiten können.
Hunderte neue iPads seien zu diesem Zweck angeschafft worden und bestehende Geräte speziell für diesen Zweck neu konfiguriert worden. „Ab Anfang nächster Woche werden mehrere hundert Mitarbeiter ihren Aufgaben in Heimarbeit nachgehen“, so André. „Bisher haben die Regulierungsbehörden nur wenige Tätigkeiten innerhalb von Banken im Homeoffice zugelassen. Aber die Regulierer haben in dieser Frage mehr Pragmatismus signalisiert."
Der Reifenhersteller Goodyear hat zwar seine Büroangestellten noch nicht zur Telearbeit aufgefordert, aber jeder Mitarbeiter ist angehalten, sein Laptop jeden Abend mit nach Hause zu nehmen, um notfalls von dort arbeiten zu können. Daneben müssen Mitarbeiter, die in besonders betroffene Gebiete wie Norditalien gereist waren, 14 Tage von zu Hause arbeiten.
Telearbeit bei EU-Institutionen
Ebenso hat der Europäische Gerichtshof seine Mitarbeiter aufgefordert, im Homeoffice zu arbeiten. „Sitzungen und Beratungen finden statt, aber Tätigkeiten wie Übersetzungen können problemlos im Homeoffice erledigt werden“, so ein Sprecher der Institution. Für die EU-Beamten ist die Frage nach der Besteuerung der Grenzgänger weniger kritisch als für andere Unternehmen, da sie ohnehin keine nationalen Lohnsteuern abführen.
Die Europäische Investment Bank teilte ihren etwa 3 000 Angestellten mit, dass einer ihrer Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden sei. Diejenigen, die in Kontakt mit der Person waren, wurden aufgefordert, von zu Hause zu arbeiten. Ab kommender Woche soll die eine Hälfte der Belegschaft der Bank im Homeoffice arbeiten, die andere im Büro.
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