"Cargolux muss sich den Prinzipien aus Katar unterwerfen"
"Cargolux muss sich den Prinzipien aus Katar unterwerfen"
Bei der Cargolux hat der Minderheitsaktionär Qatar Airways das Sagen übernommen. Die mögliche Umbestellung von Boeing-Frachtflugzeugen erlaubt einen Blick hinter die Kulissen des einstigen Luxemburger Vorzeigekonzerns. Im Interview mit wort.lu erklärt Luftfahrt-Spezialist Heiner Siegmund, was die Firmenlenker aus Doha mit der Cargolux vorhaben.
Herr Siegmund, für das Magazin "Aero International" haben Sie von Plänen der Cargolux berichtet, einen Teil der 13 bestellten Boeing 747-8 auf 777 umzubestellen. Welche Gründe gibt es dafür?
Siegmund: Die 747-8 kann fast 140 Tonnen Fracht nonstop auf 9000 Kilometern transportieren. Die 777 ist kleiner und schafft etwas über 100 Tonnen. Sie ist damit auf so genannten dünneren Strecken einsetzbar, also auf Strecken, wo das Güteraufkommen geringer ist. Dafür ist sie in der Anschaffung und im Verbrauch günstiger. Für Cargolux wäre die 777 auch auf weniger starken Strecken rentabel einsetzbar, doch das Unternehmen muss sich fragen, ob man eine gemischte Flotte aus zwei Flugzeugtypen haben will.
Der Flugzeugbauer Boeing wäre sicher nicht begeistert, wenn Cargolux als Launchpartner der 747-8 jetzt umschwenkt und ein anderes Flugzeug kauft …
Siegmund: Wie kommen Sie darauf, dass Cargolux die 777 kauft? Qatar Airways fliegt mit 777, von denen könnte man ein paar einfach vom Himmel holen und nach Luxemburg bringen.
In einen neuen Flugzeugtyp investiert man nur, wenn man etwas an der Ausrichtung ändert. Will die Cargolux ihr angestammtes Liniennetz verlassen?
Siegmund: Qatar Airways macht derzeit der Cargolux mit Kampfpreisen auf den aufkommensstarken Strecken das Leben schwer. Als Reaktion könnte sich Cargolux auf weniger begehrte Strecken zurückziehen. Ich denke, dass in Zukunft mehr Verkehr über Doha geführt wird. Dort könnten Passagiermaschinen von Qatar Airways in ihrem Bauch die von den Luxemburgern angelieferte Fracht aufnehmen und so ihre Auslastung verbessern.
Die Firmenchefs vom Golf stellen kompromisslos ihre Forderungen. Was hat Qatar Airways mit der Cargolux vor?
Siegmund: Qatar Airways wird autoritär von dem machtbewussten Chef Akbar Al Baker geführt. Er verlangt, dass Cargolux sich den Prinzipien von Qatar Airways unterwirft und sich vor allem den Kostenstrukturen angleicht. Das sieht man allein daran, dass eine Verlagerung der Flugzeugwartung diskutiert wird. Ein Flugzeugmechaniker in Qatar oder in Singapur verdient nun einmal wesentlich weniger als einer in Luxemburg.
Welches Ziel verfolgt Qatar Airways mit der Beteiligung an der Cargolux?
Siegmund: Wie mehrere andere Fluggesellschaften vom Golf, zum Beispiel Emirates, wollen sie sich über die transportierte Menge von Fracht und Passagieren Marktmacht sichern. Ob der Flugbetrieb Gewinn bringt oder nicht, steht dabei im Hintergrund. Qatar Airways veröffentlicht keine Gewinn- und Verlustrechnung, deshalb weiß niemand, ob sie wirklich Geld verdienen. Ich schätze, dass sie bei so niedrigen Preisen Verluste machen. Das ist aber zweitrangig, weil das Emirat Katar die Fluglinie verwöhnt aus der Staatskasse reichlich Zuschüsse fließen. Mit Cargolux will sich das Emirat über Luxemburg einen Zugang zum europäischen Markt schaffen. Luxemburg hat dabei die Funktion als Türöffner – wie Sie wissen gilt das auch für den Bankensektor.
Interview: Volker Bingenheimer
Der Luftfahrtexperte Heiner Siegmund berichtet seit vielen Jahren für Fachzeitschriften und Marktanalysten über die Entwicklungen der Frachtfliegerei.
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