Brüssel zögert beim EU-Gaspreisdeckel
Brüssel zögert beim EU-Gaspreisdeckel
Pünktlich vor dem nächsten EU-Gipfel, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel stattfindet, legt die EU-Kommission neue Vorschläge auf den Tisch, um die rasant gestiegenen Energiepreise unter Kontrolle zu bringen. „Die nächsten paar Winter werden hart, aber das heutige Paket hilft, europäische Familien warm und die Industrie am Laufen zu halten“, verkündete Frans Timmermans, der Vize-Chef der EU-Kommission, am Dienstag.
Das „Paket“ der Kommission versucht, die unter den Mitgliedstaaten konsensfähigen Ideen in konkrete Maßnahmen einfließen zu lassen. Bei einem angespannten EU-Gipfel Anfang Oktober in Prag hatten die EU-Staats- und Regierungschefs lange über mögliche Wege diskutiert, um die Energiepreise zu senken. Am Donnerstag und Freitag sollen dann Entscheidungen fallen.
In Prag war die Idee eines EU-Gaspreisdeckels besonders kontrovers diskutiert worden. Während Staaten wie Belgien oder Italien Druck machten, damit sich die EU in diese Richtung bewegt, bremste Deutschland - aber auch Luxemburg. Berlin und Luxemburg nannten mögliche negative Folgen bei der Versorgung als Grund für ihre Skepsis. Die EU-Kommission schlägt nun eine Kompromisslösung vor.
Preisdeckel noch nicht spruchreif
Eine Preisgrenze für den Brennstoff soll es nur im absoluten Notfall geben, wenn es wie im vergangenen Sommer zu extremen Aufschlägen an den Gasmärkten kommt. Dann darf die Kommission für maximal drei Monate eine Preisschranke am europäischen Großhandelsplatz TTF vorschlagen. Vorausgesetzt, die Grenze wird von den EU-Mitgliedstaaten abgenickt und gefährdet nicht die Versorgungssicherheit.
„Operationelle Details“ sollen nach weiteren Beratungen auf dem EU-Gipfel folgen, sagte die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Dienstag. „Wir müssen noch etwas daran arbeiten“, räumte die EU-Energie-Kommissarin Kadri Simson ein, die auf das grüne Licht der Mitgliedstaaten wartet. Luxemburgs Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) begrüßt indes das vorsichtige Vorgehen der EU-Kommission beim Gaspreisdeckel.
Im Kampf gegen die Energiepreise arbeitet die Kommission zudem an einem neuen Preisindex für Flüssiggas (LNG), als Ergänzung zum Gaspreisindex des Großhandelsplatzes TTF. Viele Kaufverträge in der EU orientieren sich am TTF, der wegen der unterbrochenen Gaslieferungen aus Russland stark schwankt. Für LNG-Lieferungen, die relativ stabil sind, soll es daher einen anderen Richtwert geben. Zusätzlich sollen tägliche Preisspitzen bei kurzfristigen Geschäften mit Gas an Energiebörsen abgefedert werden.
Ein anderes Vorhaben ist dagegen bereits viel konkreter, da sich die EU-Staaten darin einiger sind: die gemeinsamen Gaseinkäufe. „Wir schlagen vor, die EU mit neuen Rechtsinstrumenten für den gemeinsamen Gaseinkauf auszustatten“, so Ursula von der Leyen. Ziel ist es, dass die EU durch ihre geballte Marktmacht niedrigere Preise aushandeln kann. Dem Vorschlag zufolge müssen Gasunternehmen ihre Nachfrage zum Teil bündeln. Das soll für mindestens 15 Prozent der vorgeschriebenen Speicherfüllstände gelten.
Der gemeinsame Einkauf soll insbesondere kleineren Mitgliedstaaten und Unternehmen, die sich als Käufer in einer ungünstigeren Situation befinden, helfen, zu besseren Bedingungen an Gas heranzukommen, sagt Brüssel. Laut Claude Turmes könnte die Idee sich zum „Game changer“ entwickeln, um die Preise zu drücken.
Neue Solidaritätsregeln
Obendrein schlägt die Kommission „Standard-Solidaritätsregeln zwischen den Mitgliedstaaten bei Versorgungsengpässen“ vor. Eigentlich sollte es für solche Fälle bilaterale Abkommen geben - doch davon gibt es derzeit nur wenige. Die EU-Kommission will diese Lücke nun mit Regeln füllen, die in der Abwesenheit von Abkommen die Solidarität in Sachen Energie zwischen den Mitgliedstaaten einrahmen würden.
„Wir machen Fortschritte“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Dienstag: Die Gasspeicher seien bald gefüllt, die Lieferanten diversifiziert und die erneuerbare Wende sei beschleunigt worden. „Wir sind stark, wenn wir geeint sind“, sagte sie mit Blick auf das Treffen am Donnerstag und Freitag.
Mit dpa
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