Blockchain, Private Banking, Fonds
Blockchain, Private Banking, Fonds
Liechtenstein mit seinen 38.111 Einwohnern (Stand: 31.12.2018) hat eine Währungs- und Zollunion mit der Schweiz, ist Mitglied des Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) – und hat uneingeschränkten EU-Marktzugang. Das will das Fürstentum nun nutzen.
Erst Ende letztes Jahr hat die EU Liechtenstein von der „grauen Liste“ der als unkooperativ geltenden Jurisdiktionen gestrichen, nachdem Vaduz seine Steuergesetzgebung geändert und die „Beps“-Mindeststandards der OECD zur Verhinderung von Steuervermeidung eingeführt hatte. Ähnlich wie Luxemburg war seit 2008 auch Liechtenstein internationalem Druck ausgesetzt, die Transparenz in seinen Bank- und Steuersystemen zu verbessern.
Sowohl Luxemburg wie auch Liechtenstein gaben ihr Bankgeheimnis auf und führten den internationalen Bankdatenaustausch ein. Ein wichtiger Sektor beider Bankplätze ist seitdem das Private Banking.
Am Donnerstag hat nun das Fürstentum eine neue Finanzplatzstrategie verabschiedet. „Die Regierung will die Standortvorteile des Finanzplatzes Liechtenstein weiter ausbauen“, hieß es dazu. Konkretisiert werden soll das noch in einem Maßnahmeplan, wobei vor allem die Verbesserung des Marktzugangs unter anderem durch weitere Doppelbesteuerungs- und Freihandelsabkommen erreicht werden soll.
Einen Tag zuvor hatte die Liechtensteinische Bank Frick eine Handelsplattform für digitale Token ins Leben gerufen. Die Bank wolle damit ihre Stellung im Blockchain-Banking ausbauen, erklärte sie dazu. Die Wettbewerbsfähigkeit von Liechtensteins Finanzsektor – vor allem Banken, Versicherungen und Treuhandgesellschaften – soll so langfristig gesichert werden.
In Liechtenstein tragen die dort 15 Banken, 38 Versicherungen und 300 Treuhandbüros, insgesamt 24 Prozent zur Gesamtwirtschaftsleistung des Landes bei, in Luxemburg sind es 27 Prozent, die der Finanzplatz zur Wirtschaftsleistung beiträgt.
Regierungschef Hasler, der zugleich auch Finanzminister seines Landes ist, arbeitete früher bei der VP Bank. Das Liechtensteiner Geldhaus ist als einzige Bank mit Liechtensteiner Mutterhaus seit 1988 in Luxemburg, wo die Finanzgruppe auch ihr Fondsgeschäft angesiedelt hat und insgesamt 130 Mitarbeiter beschäftigt. Anfang des Monats hatte die VP Bank in Luxemburg die Private Banking-Aktivitäten der Catella Bank übernommen.
Grundlagen für digitalen Finanzplatz
Wie Luxemburg, das kürzlich mit einer Gesetzesänderung den Einsatz der Blockchain-Technologie in Finanzdienstleistungen erleichtert, will nun auch Liechtenstein mit Nutzung der Blockchain seinen Finanzplatz zukunftstauglich machen.
Während Luxemburg aber nur ein bestehendes Gesetz mit einer kurzen Passage modifizierte und damit den Einsatz der Blockchain-Technologie bei Finanzdienstleistungen erleichterte, geht Liechtenstein einen Schritt weiter und will mit einem komplett eigenen Gesetz die Grundlage dafür schaffen, dass jedes mögliche Vermögen von Immobilien bis Wertpapiere „tokenisiert“, also digitalisiert werden kann.
Dies soll das Eigentum, den Besitz und die Übertragung, zum Beispiel mittels Tokens, erleichtern und rechtlich definieren. Darüber hinaus plant das kleine Fürstentum auch, eine „digitale Identität“ einzuführen.
Die Liechtensteinische Post will sogar den Wechsel von Kryptowährungen am Schalter anbieten. Seit letzter Woche können in der Filiale in Vaduz in einer ersten Phase Bitcoin getauscht werden. Im April 2018 hatte die EU die „European Blockchain Partnership“ ins Leben gerufen, an der sich wie Luxemburg viele EU-Mitglieder beteiligen. Seit 1. Februar auch das Nicht-EU-Land Liechtenstein.
„Um Rechtssicherheit zu gewährleisten brauchen wir einen gemeinsamen Ansatz in Europa. Liechtenstein ist bereit, eng mit seinen europäischen Partnern zusammenzuarbeiten“, erklärt die Regierung in Vaduz. Liechtenstein galt lange als ein diskretes Finanzzentrum, doch das soll insofern ändern als man nicht länger abgeschottet sein will, sondern sich dem internationalen Finanzmarkt öffnet.
So hat Liechtenstein beispielsweise heute mehr Kapital im Ausland angelegt als ausländisches Geld in Liechtenstein angelegt ist. „Die Attraktivität unseres Finanzplatzes wird in Zukunft noch viel stärker von den staatlichen Rahmenbedingungen, den kurzen Wegen und der Kompetenz der Behörden abhängen“, so Regierungschef Adrian Hasler. Das hat auch organisatorische Folgen: wie letzte Woche publik gemacht wurde, werden Aufgaben, die bisher im Ministerium für Präsidiales und Finanzen wahrgenommen wurden, in die neue Stabstelle für Finanzplatzinnovation (SFI) verlagert.
Liechtenstein positioniert sich als Fondsplattform
Die 683 Liechtensteiner Investmentfonds hatten 2017 ein Nettovermögen von 47 Milliarden Euro (1996 waren es fünf Fonds mit einer halbem Million an Einlagen gewesen). Der Fondsstandort Liechtenstein wächst, auch weil das Land – anders als die Schweiz – einen EU-Marktzugang hat. Selbst weist der Liechtensteinische Anlagefondsverband (LAFV) gerne darauf hin, dass die Besteuerung von Investmentfonds und Fondsgesellschaften in Liechtenstein geringer ist als in Luxemburg und uneingeschränkter Marktzugang sowohl in die Schweiz als auch in die EU besteht.
Liechtensteiner Fonds haben alle Vertriebsmöglichkeiten in Europa.
Das hat Folgen. So hat unlängst eine internationale Großbank ihre Geldmarktfonds von Luxemburg nach Liechtenstein verlagert. Wird Liechtenstein nun dem Großherzogtum das Wasser abgraben? Um eine Infrastruktur mit Finanzfirmen, Verwaltungsgesellschaften und Prüfungsgesellschaften aufzubauen dürfte Liechtenstein zu klein sein. Es sei denn, mit Blockchain und Digitalisierung bräuchte man in Zukunft für diese Tätigkeiten kaum noch menschliche Arbeitskräfte.
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