ArcelorMittal will 570 Stellen in Luxemburg streichen
ArcelorMittal will 570 Stellen in Luxemburg streichen
(jt/ThK) - Der Stahlkonzern ArcelorMittal will in Luxemburg 570 Stellen streichen. Rund 14 Prozent der insgesamt 3.900 Beschäftigten der Gruppe wären von der Maßnahme betroffen. Als Grund werden in einem Kommuniqué die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise genannt.
Die strukturellen Auswirkungen der Pandemie im Bau- und Automobilsektor „stellen eine ernsthafte Bedrohung für die industriellen und administrativen Aktivitäten von ArcelorMittal dar“, heißt es in dem Schreiben. Die beiden Branchen seien normalerweise die größten Stahlabnehmer, hätten ihre Produktion jedoch wegen Corona teils massiv zurückgefahren.
Daher habe man sich über den Weg einer Personalreduktion zu Kosteneinsparungen entschlossen. „Die luxemburgische Stahlindustrie hat in der Vergangenheit schwierige Zeiten durchlebt. Diese Krise mit ihren erheblichen strukturellen Veränderungen erfordert bedauerlicherweise eine Reaktion, die zu einer Verringerung der Beschäftigtenzahl führen wird.“
ArcelorMittal betonte, man werde „unverzüglich“ mit den Arbeitnehmervertretern und den Behörden Gespräche aufnehmen.
Zuletzt hatte das Unternehmen deutliche Verluste hinnehmen müssen. In den Monaten April bis Juni machte der Betrieb 559 Millionen US-Dollar Minus. Im Vorjahr stand bereits ein Fehlbetrag von 447 Millionen Dollar zu Buche. Der Umsatz knickte von 19,3 Milliarden um fast die Hälfte auf rund 11 Milliarden Dollar ein. Der operative Gewinn (Ebitda) wurde mit 707 Millionen Dollar mehr als halbiert.
Von den insgesamt 570 gefährdeten Arbeitsplätzen entfielen zwei Drittel auf die Produktion und ein Drittel auf die Verwaltung, so die Gewerkschaft LCGB in einem Presseschreiben. Sowohl der LCGB als auch der OGBL forderten die Regierung infolge der Ankündigung zur sofortigen Einberufung einer „Tripartite Sidérurgie“ auf. „Der Betrieb sagt zwar, dass ein großer Teil der betroffenen 570 Beschäftigten in den nächsten Jahren in die Rente oder Frührente gehen wird. Aber unseren Simulationen nach bleiben 240 Leute übrig, bei denen es keine solche Lösung gibt“, sagt Stefano Araujo, Zentralsekretär beim zuständigen Syndikat des OGBL.
Zwar räumen die Gewerkschaften ein, dass die Situation für die Stahlproduktion im Großherzogtum durch die Anhäufung von Krisen schwierig sei. „Eine wirkliche Überraschung war es nicht, wir sind dennoch schockiert“, sagt Araujo. Der LCGB warnt in seiner Mitteilung davor, die Covid-Pandemie zum universellen „Sündenbock“ zu machen, die die Einleitung von Umstrukturierungen rechtfertigt. Das Management von ArcelorMittal müsse selbst die Verantwortung übernehmen, da die Corona-Krise nicht der einzige Faktor sei, der für diese Verschlechterung der Geschäftssituation verantwortlich ist, so der LCGB.
Die Gewerkschaften fordern von dem Unternehmen, alle sozialen Instrumente wie Vorruhestandsmodelle, strukturelle und zyklische Teilzeitarbeit oder Umschulungen einzusetzen,um Entlassungen zu verhindern. Diese Werkzeuge stünden noch aus dem letzten Tripartite-Abkommen PostLux aus dem Jahr 2016 zur Verfügung.
Nächstes Transformationsprojekt
„Wir erleben derzeit einen dunklen Moment in der Stahlgeschichte des Landes. Ich denke vor allem an die Mitarbeiter, die sich in einer schwierigen Situation befinden und mit ihren Familien in Unsicherheit leben“, kommentierte Wirtschaftsminister Franz Fayot. „Ich bestehe darauf, dass das Downsizing auf möglichst soziale Weise erfolgt, wenn nötig unter Rückgriff auf bestehende Instrumente im Rahmen der Politik zum Beschäftigungserhalt.“
Bereits im vergangenen Jahr hatte der Stahlkonzern ein groß angelegtes Transformationsprojekt mit dem Namen „Score“ verabschiedet. Der auf drei bis fünf Jahre angelegte Plan sah Kosteneinsparungen durch Digitalisierung vor, beinhaltete aber auch einen Stellenabbau. Allerdings in geringerem Umfang und ohne die Notwendigkeit von Entlassungen: 260 Mitarbeiter sollten nicht ersetzt werden, wenn sie aus dem Unternehmen ausscheiden. Dieser Plan ist jetzt mit der neuen Ankündigung hinfällig.
Der Stahlkonzern verfügt in Luxemburg über fünf Produktionsstätten an den Standorten Belval, Differdingen, Rodange, Bissen und Dommeldingen. In Kirchberg entsteht zudem eine neue Konzernzentrale. Das Unternehmen beschäftigt aktuell rund 3 500 Mitarbeiter im Großherzogtum; 2009 waren es noch 6 500. Ende 2019 trennte sich der Konzern von seinem Drahtwerk in Düdelingen mit rund 300 Beschäftigten (heute Liberty Steel).
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