Ant Group: Megaauftritt auf dem Parkett
Ant Group: Megaauftritt auf dem Parkett
In Luxemburg ist die chinesische Alibaba-Gruppe mit der Bezahltochter Alipay, Chinas größter mobiler Zahlungsplattform, seit 2018. Nun peilt der Alibaba-Ableger Ant Financial Services Group bei seinem Börsengang am Donnerstag (5.11.) in Hongkong und später in Shanghai Erlöse von 34,5 Milliarden US-Dollar (29,2 Mrd. Euro) an – das wäre eine nie dagewesene Rekordsumme und würde die Ant Group mit über 313 Milliarden Dollar bewerten.
Damit wäre der Finanzkonzern der Alibaba-Gruppe mehr Wert als beispielsweise die US-Bank Goldman Sachs.
Bisheriger Spitzenreiter beim Börsengang ist Saudi Aramco, die letztes Jahr an der Börse 29 Milliarden Dollar einnahmen, allerdings dabei auch nur 1,5 Prozent der Anteile verkauften.
Die Ant Group ist die Finanzgesellschaft von Alibaba, der weltgrößten Online-Handelsplattform. In Luxemburg hat die Gruppe im Dezember 2018 ihr europäisches Drehkreuz installiert, nachdem Finanzminister Pierre Gramegna sich in Hangzhou mit dem Präsidenten von Ant Financial, Eric Jing, getroffen hatte. Damals bestätigte Jing, dass Ant Financial, die Muttergesellschaft von Alipay, Luxemburg als Europazentrale ausgewählt hat, um chinesische Kunden mit in der Europäischen Union ansässigen Händlern zu verbinden.
Europasitz Luxemburg
Luxemburg ist Europasitz der sieben größten chinesischen Banken (2013 waren es drei) mit heute rund 440 Mitarbeitern Banken – sowie zwei Banken (BIL sowie Hauck & Aufhäuser), die von chinesischen Aktionären kontrolliert werden. Zudem bestehen zwischen Luxemburg und China zahlreiche Kooperationen wie zwischen der Luxemburger Börse und der China Central Depository & Clearing Co. oder der Börse von Shanghai.
Ein Viertel der weltweit ausgegebenen Dim Sum Bonds (Anleihen in chinesischer Währung) werden an der Börse Luxemburg begeben.
Finanzminister Gramegna sprach anlässlich der Niederlassung von Alipay im Großherzogtum von einem „Erfolg der Strategie zur Förderung und Entwicklung des Finanzplatzes“. Den Börsengang der Ant Group wollte er nicht kommentieren.
Der elektronische Zahlungsdienstleister Alipay in Luxemburg dient als Hub für das Geschäft mit Kunden aus der Europäischen Union. Weltweit hat Alipay mehr als eine Milliarde Nutzer. Was Finanzminister Gramegna damals als Aufwertung „Luxemburgs sowohl als Standort für internationale Zahlungsdienstleistungen wie auch als Europa-Hub für chinesische Unternehmen“ sieht.
Ob Alipay dazu beitragen wird, die wirtschaftlichen Beziehungen „zwischen Europa und China weiter zu festigen“, wie Gramegna meinte, werden die nächsten Jahre zeigen. Der Finanzplatz Luxemburg spielt jedenfalls eine wichtige Rolle in den Finanzbeziehungen zwischen Unternehmen aus der EU und China. Von den auf Investitionen in China ausgerichteten Investmentfonds sind rund ein Drittel Luxemburger Fonds.
Alibaba wurde von dem ehemaligen Englischlehrer Jack Ma im Jahr 1999 gegründet und ist mit einem Börsenwert von 537,75 Milliarden Dollar inzwischen die Nummer acht der wertvollsten Unternehmen der Welt. Der direkte Konkurrent zu Amazon hat letztes Jahr am chinesischen Singles Day im November innerhalb von 24 Stunden einen Umsatz von 38,4 Milliarden Dollar gemacht – und damit den Black Friday und Cyber Monday in den Schatten gestellt.
Finanzriese Ant
Das Logo der Ant Group zeigt eine Ameise, Symbol für die Unternehmensphilosophie: viele kleine Mitglieder sind wie in einem Ameisenstaat gemeinsam stark.
Die Gruppe besteht aus den vier Segmenten Zahlungsdienstleistung, Vermögensverwaltung, Versicherung und Kreditgeschäft. Während 2017 das einstige Kerngeschäft Zahlungsabwicklung noch mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmachte, waren es im ersten Halbjahr 2020 nur noch 36 Prozent. Stattdessen boomt das Kreditgeschäft der Ant Group.
Laut 674 Seiten starkem Börsenprospekt betrug der Gewinn im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 2,6 Milliarden Euro, im 1. Semester 2019 waren es 2,1 Milliarden.
In den USA wollte die Ant Group das amerikanische Finanzunternehmen MoneyGram übernehmen, was 2018 wegen Sicherheitsbedenken von US-Behörden untersagt wurde. Die Alibaba-Unternehmen werden von Datenschützern wegen ihrer umfangreichen Big Data-Auswertungen kritisiert, hinzu kommt die teilweise schon umgesetzte Implementierung eines „sozialen Ranking“-Systems in China, das weitreichende Auswirkungen auf Persönlich- keitsrechte Betroffener hat.
2018 berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ davon, dass Alibaba mit den Daten von Alipay ohne Wissen der Nutzer Bonitätsprofile erstellt, die das Unternehmen an andere Unternehmen weiterverkaufte.
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