ABBL sucht nach der richtigen Strategie
ABBL sucht nach der richtigen Strategie
Yves Maas, der plötzliche Weggang von Serge de Cillia kam sehr überraschend...
Ich glaube, das ist von außen etwas anders wahrgenommen worden als es war. Lange vorangegangen waren Diskussionen zwischen dem Verwaltungsrat und dem Management der Direktion über die weitere Strategie der ABBL. Und diesbezüglich gab es verschiedene Ansichten.
Das führte dazu, dass wir in einer Situation schlussendlich waren, wo wir doch relativ schnell eine Lösung brauchten. Daraufhin hat man mich gefragt, ob ich das interimistisch machen würde. So kam es zu dem Wechsel. Ich glaube, strategische Divergenzen gibt es überall immer mal wieder, und dann muss man auch die Konsequenzen ziehen. So ist es gekommen.
Sie haben keine Lust, längerfristig die ABBL zu führen?
Da sprechen wir nicht von Lust und keine Lust. Ich mache das jetzt für eine befristete Zeit und mit der absolut notwendigen Energie, die es für einen solchen Posten braucht. Eines meiner ersten Ziele ist, zusammen mit unserem Präsidenten und dem Verwaltungsrat einen Nachfolger zu finden.
Kann man es so interpretieren, dass die angespannte Situation der europäischen Bankenlandschaft sich in der ABBL widerspiegelt?
Absolut. Wir können uns dem nicht entziehen. Wir repräsentieren unsere Mitglieder, arbeiten mit ihnen zusammen, haben die gleichen Themen, die gleichen Probleme, und wir müssen mit unseren Mitgliedern an diesen Problemen arbeiten.
Gab es Beschwerden von den Mitgliedern?
Nein, aber die Anmerkung, dieses und jenes müsste man anders machen. Es gab so ein latentes Gefühl, dass wir als ABBL nicht mehr wahrgenommen wurden. Mit unserer strategischen Ausrichtung wirken wir jetzt dem entgegen.
Was meinen Sie mit strategischer Ausrichtung?
Die strategischen Überlegungen des Verwaltungsrats bringen auch innerbetrieblich gewisse Änderungen mit sich. Worauf müssen wir den Fokus in der Zukunft setzen? Für uns sind drei Punkte sehr, sehr wichtig: Wie arbeiten wir mit unseren Mitgliedern zusammen, respektive wie können wir die Zusammenarbeit unter den Mitgliedern fördern und wie können wir mit den Mitgliedern Lösungen ausarbeiten.
Auch müssen wir in Zukunft wieder eine größere Visibilität gewinnen. Der zweite Schwerpunkt ist das ganze Regulatorische, woran wir bereits in der Vergangenheit sehr gearbeitet haben. Aber vielleicht nicht auf die notwendige strategische Art und Weise. Wir müssen eher in die Prozesse involviert sein. Wir müssen verstehen, was in den nächsten zwölf, 18, 24 Monaten auf uns zukommt, auf unsere Industrie, auf unsere Mitglieder. Dementsprechend müssen wir entsprechende Kontakte pflegen und auch relativ früh in den Prozess versuchen einzugreifen, um gewisse Entscheidungen vielleicht doch noch in eine angenehmere Richtung bringen zu können.
Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, wenn es zu Veränderungen kommt, müssen wir auch unseren Mitgliedern eine Plattform geben, um das implementieren zu können. Drittens müssen wir mit unserem Verwaltungsrat eine Sprache sprechen und Positionen ausarbeiten, die für alle die gleichen sind und hinter denen wir auch alle stehen.
Was meinen Sie konkret mit „was auf uns zukommt”?
Zum Beispiel die ganze Klimadiskussion. Sie wird auch regulatorisch einen Impakt auf uns haben mit entsprechenden Gesetzen. Wir werden an unseren Investmentprodukten arbeiten müssen, die Kreditpolitik überarbeiten und so weiter. Die Banken müssen diesen Wandel mitgestalten und haben da noch viel Arbeit vor sich. Aber nehmen wir auch das ganze digitale Umfeld. Auch hier müssen unsere Mitglieder noch sehr viel tun, um sich auf die Zukunft vorzubereiten.
Die Banken müssen diesen Wandel mitgestalten
Die Bank von heute ist nicht die gleiche Bank, die wir in fünf bis zehn Jahren sehen werden. Wir müssen viel mehr den Fokus auf Zukunftsthemen legen, auch intern bei uns. Deshalb haben wir den Betrieb in den letzten zwei Monaten etwas umstrukturiert, um auf die eben angesprochenen Punkte reagieren zu können.
Was genau sind denn die drängendsten Aufgaben?
Die Zukunft mitzugestalten.
Dass die Luxemburger Banken durch die EZB-Strafzinsen jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro verlieren kann die ABBL schwerlich ändern.
Sie sprechen es an: der Kostendruck geht nicht weg. Gleichzeitig können Banken durch die niedrigen Zinsen hier nicht mehr die Einnahmen generieren, die sie in der Vergangenheit kannten.
Der Wertpapiermarkt läuft gut...
Aber auch das ist wahrscheinlich nur temporär. Irgendwann wird es da eine Korrektur geben, die dazu führt, dass einige Banken, die vielleicht jetzt noch positive Zahlen schreiben, dann plötzlich nicht mehr solche schreiben. Und das führt dazu, dass wir weiter konsolidieren, in Europa und auch in Luxemburg.
Das heißt, in Zukunft wird es weniger Banken geben?
Es wird ganz sicher in den nächsten Jahren weniger Banken geben. Das ist die eine Seite. Die andere ist die Digitalisierung, die neue Player hervorbringt, die in die Märkte, in die Bankenlandschaft dringen. Zahlungsdienstleistungen sind ein klassisches Beispiel. Da bewegen wir uns in der Zwischenzeit in einem Umfeld, das ein völlig anderes ist als das vor zehn Jahren.
Aber auch das bedeutet nicht unbedingt negative Konsequenzen. Die Banken müssen zusammenarbeiten mit den neuen Dienstleistern. Wir müssen uns in diesem neuen Umfeld zurechtzufinden. Und für uns als Verband ist es wichtig, mit den Mitgliedern diesen Wandel voranzutreiben in einer Art und Weise, wo unsere Mitglieder nicht überrascht werden, sondern den Wandel mitgestalten können.
Aber nochmal zur Neuorganisation der ABBL. Was wollen Sie konkret neu organisieren?
Wir müssen fähig sein, vor unseren Mitgliedern zu verstehen, was auf uns zukommt und dann das in eine strategische Agenda mit unseren Mitgliedern umsetzen. Dazu brauchen wir bei uns im Verband Strukturen, die sich mit der Zukunft auseinandersetzen. Was kommt, was passiert? Wie werden wir darauf reagieren? Und wie bereiten wir unsere Mitglieder darauf vor?
Die ABBL braucht Strukturen, die sich mit der Zukunft auseinandersetzen.
Ich meine damit nicht nur Gesetze und Direktiven. Da sind wir sehr eng eingebunden und haben ein gemeinsames Büro mit dem Fondsverband Alfi in Brüssel, was sehr gut funktioniert. Es geht auch um Technologie und technische Innovationen.
Außerdem müssen wir nicht alles neu bei uns erfinden, es gibt ja in Luxemburg auch andere Entitäten, die sich mit ähnlichen oder sogar gleichen Themen befassen. Wir vertreten alle den gleichen Finanzplatz in Luxemburg, darum muss unserer Anliegen sein, dass wir in Zukunft auch besser und enger kooperieren mit allen Organisationen, die wir haben, um genau dahin zu kommen, dass wir nicht zwei, dreimal das Gleiche machen, sondern vielleicht gebündelt, was uns auch stärker macht.
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