5G-Netz: Luxemburg in Echtzeit
5G-Netz: Luxemburg in Echtzeit
Proximus (Tango, Telindus) wie auch Orange errichten zusammen mit dem finnischen Netzwerkausrüster Nokia ihre 5G-Mobilfunknetze in Luxemburg. Die Post Luxembourg hat als technologischen Partner dafür Ericsson. Auch Luxembourg Online (internet.lu) ersteigerte sich letzten Sommer die für 5G nötigen Mobilfunkfrequenzen. Sie alle haben nun damit begonnen, das Land in das schnellere Mobilfunkzeitalter zu führen. Bald schon soll Luxemburg eine Netzabdeckung mit dieser neuen Mobilfunktechnologie haben, über die seit Jahren gesprochen wird.
„Nokia wurde ausgewählt, um einerseits aktiv am Aufbau des 5G-Netzes mitzuwirken und andererseits die bestehenden 2G/3G/4G-Netze bis 2023 schrittweise mit Nokia Airscale-Produkten zu modernisieren“, teilt Gérard Hoffmann, CEO von Proximus Luxembourg, dazu mit. Nokia wird dazu die Sender sowie Smart-Antennen für 5G liefern, nachdem der ursprüngliche Partner, der chinesische Anbieter Huawei – nicht ohne politischen Druck auf europäischer Ebene – aus dem 5G-Ausbau ausgeschlossen wurde.
Anders als bei Strom oder unterirdisch verlegten Glasfasern, wo es einen einzigen Netzbetreiber gibt, hat beim Mobilfunk im Prinzip jeder Anbieter sein eigenes Netz. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Anbieter gesondert seine Antennen aufstellt, sondern vielfach derselbe Sendemast mit den Antennen verschiedener Anbieter bestückt ist.
Nicht geplant sei, „neue Masten speziell für 5G aufzustellen“, so Proximus. 5G werde zu bestehenden Funkstandorten hinzugefügt, sagt auch die Post. Die 5G-Funkwellen sind übrigens die gleichen wie die für Fernsehen, Radio und bestehende Mobiltelefonnetze. Und jeder Mobilfunkbetreiber muss die von den Behörden festzulegenden Emissionsgrenzwerte einhalten, betont Cliff Konsbruck, Direktor des Telekom-Geschäfts von Post Luxembourg. „In Luxemburg gehören die Vorschriften zur Begrenzung des von einer Antenne erzeugten elektromagnetischen Feldes zu den strengsten in ganz Europa“, so Konsbruck. Immer wieder gibt es zum Thema 5G die Befürchtung, dadurch entstehe gesundheitsschädlicher Funkwellensmog. Intelligente Antennen
„Mit der Möglichkeit, die elektromagnetischen Wellen gezielt in die Richtung des Endnutzers zu lenken, ist es sogar wahrscheinlich, dass die Gesamtbelastung durch elektrische Felder abnimmt, da es keine Emissionen mehr in Richtungen gibt, in denen kein Bedarf besteht“, erklärt Proximus-Chef Hoffmann. „Es gibt also keinen Grund, warum 5G ein größeres Gesundheitsproblem darstellen sollte als frühere Mobilfunktechnologien.“
5G nutzt denselben Wellenbereich wie die Vorgängertechnologien, allerdings effizienter und weniger energieintensiv, da 5G mit neuartigen aktiven Strahlformantennen arbeitet, die das Funksignal ganz gezielt und bei Bedarf an den Nutzer richten, statt ständig in alle Richtungen zu senden, wie dies herkömmliche Antennen tun. Das Spektrum wird bei 5G effizienter genutzt, da die gleichen Frequenzen mit unterschiedlichen Signalen in mehrere Richtungen abgestrahlt werden können, ohne sich gegenseitig zu stören. Das bestehende 3G-Netz soll ab kommendem Jahr ganz durch 4G und 5G ersetzt werden.
5G wird das 4G-Netzwerk zumindest vorerst nicht ersetzen, sondern ergänzen: So können Geräte gleichzeitig mit 5G- und 4G-Netzwerken verbunden werden und Daten über beide Luftschnittstellentechnologien senden und empfangen. Auch das erhöht die Sicherheit der Verbindungen und ermöglicht schnelleren Datentransfer.
„Wir nutzen die Einführung von 5G, um unsere gesamte 4G-Ausrüstung zu erneuern, mit Antennen der neuesten Generation, die viel effizienter sind und weniger Energie verbrauchen“, erklärt Orange Luxemburg dazu. Während die Mobilfunkanbieter die ersten Standorte ihres 5G-Mobilfunknetzes auf dem Gebiet der Stadt Luxemburg in Betrieb nahmen, wird in den nächsten Wochen und Monaten in den Regionen Ettelbruck und Diekirch sowie im Süden des Landes ausgebaut. „Sobald die 5G-Antennen aufgebaut sind, müssen wir auf die Commodo/Incommodo-Genehmigungen warten, bevor wir sie in Betrieb nehmen können“, sagt Proximus.
Reaktionszeit von Millisekunden
Der mobile Datenverkehr wächst jährlich um mehr als 40 Prozent – 4G wird das nicht mehr lange schaffen. Auch darum braucht es ein neues, effizienteres Netz. Sonst wird es irgendwann so sein, dass man sich mit seinem Smartphone nicht mehr ins Internet einloggen kann und auch Schwierigkeiten bekommt, mobile Telefongespräche zu führen.
Mitte letzten Jahres hatte Nokia mit 5G-Geschwindigkeiten von 4,7 Gigabit pro Sekunde einen Rekord erreicht. Um den Unterschied der Geschwindigkeiten grob zu veranschaulichen: mit 4G dauert das Herunterladen eines HD-Films von 120 Minuten mehr als drei Minuten. Mit 5G keine drei Sekunden.
Die schnellere Verbindung (geringe „Latenzzeit“) durch 5G versetzt Geräte darüber hinaus in die Lage, in „Echtzeit“ miteinander zu interagieren, unabdingbar für autonomes Fahren, aber auch Industrie 4.0-Fabriken. Mit dem Begriff der Latenzzeit ist die Zeitspanne gemeint, in der eine individuelle Nutzeraktivität über ein mobiles Endgerät eine nachfolgende Reaktion, den „Ping“, auf einem anderen Gerät auslöst. Das geschieht bei 5G in Millisekunden.
„Kommunikation, Medizin, Smart Cities, Industrie 4.0... alle Tätigkeitsbereiche werden von diesem Durchbruch profitieren“ so der Proximus-Chef Hoffmann. Virtuelle oder erweiterte Realität – beispielsweise medizinische Operationen, die der Chirurg online aus der Ferne steuert – sind ohne 5G nicht vorstellbar, genauso wenig selbstfahrende Fahrzeuge. Denn in der 5G-Netzarchitektur kann ein Großteil der für die Datenübertragung erforderlichen Rechenleistung situativ an die jeweiligen Funkstationen verlagert werden. Das erlaubt den Servern mithilfe von Sensordaten blitzschnell zu berechnen, ob im Straßenverkehr ein Überholvorgang gefahrlos möglich ist oder nicht.
Anwendungstests für 5G finden derzeit unter anderem bei „CFL Multimodal“ in Düdelingen und dem Automotive Campus Bissen sowie in Belval statt. Die Ersteigerung der 5G-Frequenzen letzten Sommer verpflichtet die Unternehmen, bis Ende 2022 mehr als 50 Prozent und bis Ende 2024 mindestens 90 Prozent des luxemburgischen Territoriums abzudecken. Die Anbieter gehen aber davon aus, dass das noch bedeutend früher erreicht wird – vielleicht schon nächstes Jahr.
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