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Wo in Luxemburg 1.400 gut bezahlte Jobs frei sind
Wirtschaft 7 Min. 13.01.2023
Finanzplatz

Wo in Luxemburg 1.400 gut bezahlte Jobs frei sind

Der Finanzplatz Luxemburg hat einen neuen Star: die „Private Equity“-Branche.
Finanzplatz

Wo in Luxemburg 1.400 gut bezahlte Jobs frei sind

Der Finanzplatz Luxemburg hat einen neuen Star: die „Private Equity“-Branche.
Foto: Marc Wilwert
Wirtschaft 7 Min. 13.01.2023
Finanzplatz

Wo in Luxemburg 1.400 gut bezahlte Jobs frei sind

Jean-Claude WEISHAAR
Jean-Claude WEISHAAR
Beim „Private Equity“ bahnt sich eine Erfolgsgeschichte an, wie das Großherzogtum sie mit den Investmentfonds schrieb.

Wie viele Branchen gibt es in Luxemburg mit 1.400 unbesetzten Stellen? Wahrscheinlich nur eine. Es handelt sich um das „Private Equity“, was auf Englisch so viel heißt wie privates Beteiligungskapital. Vereinfacht gesagt: Es sind spezialisierte Firmen, die nicht-börsennotierte Unternehmen aufkaufen, diese aufpeppen, und sie nach etwa zehn Jahren möglichst wieder mit Gewinn verkaufen. Das Ganze spielt sich natürlich – wie könnte es anders sein – auf dem Finanzplatz Luxemburg ab. Die Branche beschäftigt dort mittlerweile 8.000 der insgesamt 51.000 Angestellten im Finanzsektor.

Das relativ neue Geschäftsfeld, das seit über zehn Jahren in Luxemburg systematisch und gezielt aufgebaut wird, hat noch weitere Superlative aufzuzeigen. Mit 509 Milliarden an verwalteten Vermögen ist Luxemburg in Europa die Nummer eins und weltweit hinter den USA die Nummer zwei. Die Sparte verbucht demnach ähnliche Erfolge wie die Luxemburger Investmentfonds, die am Finanzplatz Luxemburg aufgelegt und weltweit vermarktet werden.

Mit dem Brexit suchten die großen Manager des „Private Equity“, die in London angesiedelt waren, ein neues Zuhause und ihre Wahl fiel auf Luxemburg.

Aber „Private Equity“, das klingt doch auf den ersten Blick gar nicht nach Luxemburg, wo das Bankgeschäft, vereinfacht gesagt, doch eher etwas mit Buchhaltung oder Auflegen von Produkten im Einklang mit geltendem Recht zu tun hat. Genauso ist es. „Private Equity“ beschäftigt am Finanzplatz zwar Mitarbeiter aus diesen Sparten, geht aber noch einen Schritt weiter. 

„Mit dem Brexit suchten die großen Manager des „Private Equity“, die in London angesiedelt waren, ein neues Zuhause und ihre Wahl fiel auf Luxemburg. Dadurch kamen immer mehr „Private Equity“-Fonds samt Verwaltungsgesellschaften nach Luxemburg. Das war die große Verschiebung in der Branche“, erklärt Stéphane Pesch, der Direktor der Luxemburger „Private Equity“ Vereinigung LPEA.

Heute sind 18 der weltweit größten „Private Equity“-Fondsmanager in Luxemburg angesiedelt. In ihrem Schlepptau zogen sie ganze Berufssparten, die in Luxemburg gar nicht üblich sind, nach sich: Risikomanager, Bewerter, Spezialisten in Compliance und so weiter. Manchmal waren es die Verantwortlichen für ganze Abteilungen oder selbst die „Chief Financial Officers“. Prestigeträchtige Jobs also, die dem Finanzplatz zu einem Qualitätssprung verhalfen.

Raketenartiger Aufstieg der Branche

Die Branche hat demnach einen raketenartigen Aufstieg hinter sich. Begünstigt wurde dieser in den letzten zehn Jahren durch die Entwicklung des europäischen Marktes und durch die Regierung, die die entsprechenden EU-Direktiven schnell und effizient in nationales Recht umsetzte. 2013 kam es somit zum Gesetz über alternative Investmentfonds (AIFMD). In deren Sog entstanden 2013 mit der „Limited Partnership“ und 2016 mit dem „Reserved Alternative Investment Fund“ (RAIF) weitere Investmentvehikel. Heute ist die Vermarktung der „Private Equity“-Fonds stark auf die EU ausgerichtet.


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Der Boom der Branche führt dazu, dass sie sich der Politik in naher Zukunft gezielter vorstellen will. „Im kommenden Jahr beabsichtigen wir, die verschiedenen Parteien zu besuchen und uns mit ihnen auszutauschen darüber, wie „Private Equity“ sich in Luxemburg entwickelt hat und welche Möglichkeiten sich hier für den Finanzplatz bieten“, sagt Stéphane Pesch.

Nichts für Kleinanleger

Die Branche vermeldet also eine Erfolgsstory. Aber profitiert in Luxemburg der Ottonormalverbraucher, der ab und zu eine kleine Summe bei seiner Bank anlegt, davon? In der näheren Zukunft wohl kaum. Produkte gibt es auf dem Markt, „aber hier reden wir nicht über Einstiegsmöglichkeiten ab 200 oder 2.000 Euro. Da sind wir noch nicht angekommen und ich weiß wirklich nicht, ob das das Ziel wäre“, so Stéphane Pesch.

Ob das Modell Nachahmer in Luxemburg findet, muss jeder für sich entscheiden.

Ihm ist ein Produkt bekannt, wo es Anlagemöglichkeiten ab 25.000 Euro gibt. „Wir sind also noch weit entfernt von dem, was BPI in Frankreich macht - es bietet dem Kleinanleger Einstiegsmöglichkeiten ab 3.000 oder 5.000 Euro an. Ob das Modell Nachahmer in Luxemburg findet, muss jeder für sich entscheiden“, lässt Pesch offen.

Stéphane Pesch, der Direktor der „Private Equity“-Vereinigung LPEA, geht von weiterem Wachstum der Branche aus.
Stéphane Pesch, der Direktor der „Private Equity“-Vereinigung LPEA, geht von weiterem Wachstum der Branche aus.
Foto: Chris Karaba

Bedingt ist die anspruchsvolle Geldanlage durch die Tatsache, dass „Private Equity“-Fonds geschlossen sind. Der Manager, der eine Firma entdeckt hat, in die er investieren will, startet einen Spendenaufruf und sammelt das Geld der Anleger ein. Dann wird der Fonds geschlossen und seine Laufzeit kann bis zu zehn Jahren betragen. In diesem Zusammenhang redet man von sachkundigen Investoren, die ein längerfristiges Engagement eingehen. „Dieser Prozess wäre mit einer Großzahl von Kleinanlegern – wo jeder zum Beispiel 2.000 Euro anlegen würde – nur extrem schwer zu bewerkstelligen“, erklärt Pesch.

Was für Kleinanleger nicht möglich ist, ist es dagegen für wohlhabendere Kunden: Diese investieren bei ihren Banken in Luxemburg in „Private Equity“-Produkte, die am Finanzplatz aufgelegt wurden. „Hier reden wir von Geldanlagen von mindestens 100.000 bis 125.000 Euro“, erklärt Pesch. Kunden können dabei zum Teil hohe Renditen erwarten – zwölf bis 18 Prozent im Jahr waren in letzter Zeit nicht unüblich. Als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio bietet „Private Equity“ damit den Vorteil, dass es nicht von der Entwicklung der Börsen abhängig ist. Es besteht aber auch ein Verlustrisiko des eingesetzten Kapitals.

Weitere Kunden für das Geschäft in Luxemburg – und hierbei handelt es sich um den Normalfall beim „Private Equity“ –  sind institutionelle Anleger wie große Banken, Pensionskassen, Investmentfonds, Versicherungsfirmen, „Family Offices“, die sich mit der Komplexität der Fonds auskennen.

Den Boom stemmen

Aber wie will Luxemburg denn den Zuwachs beim „Private Equity“-Geschäft stemmen? „Das geht nur mit zusätzlichem Personal und Technologie“, sagt Pesch. Wie in anderen Finanzbereichen sollen Talente aus Luxemburg, der Großregion und von weiter her kommen. Pesch zeigt dabei auf die hauseigenen Bemühungen hin. So hat die „Private Equity“-Vereinigung LPEA 2020 eine Academy gegründet. Sie hat digitales Material entwickelt, das einen ersten Einblick in den Bereich ermöglicht. Es wurde von Profis in Luxemburg erstellt.

Weiter bietet die LPEA zusammen mit HEC Liège das „Private Equity Certificate“ an, das früher zum Aufgabenbereich der „Sacred Heart University“ in Luxemburg gehörte. Auch die Präsenz auf Jobmessen gehört zur Pflicht der Branche. Schließlich hat die LPEA die Hoffnung, „dass die Universität Luxemburg irgendwann zusammen mit der Industrie und anderen Partnern ein Master-Programm im Bereich der Fonds und alternativen Anlagemöglichkeiten anbieten wird, wobei ein Teil dem „Private Equity“ gewidmet werden könnte“, so Pesch.

Gibt es eine Gebrauchsanweisung für mögliche Interessenten an einem Private-Equity-Job? „Einfach mal bei einem unserer Events vorbeischauen und unsere Experten kennenlernen. Es ist an sich nicht kompliziert und sehr zugänglich“. Sowohl Absolventen von klassischen Studiengängen wie auch Quereinsteiger seien willkommen. In vielen Fällen klappe so der Berufseinstieg, meint Stéphane Pesch.

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